News 2012


Ehrungen und Preisverleihungen anlässlich der DEUQUA-Tagung in Bayreuth

Bei der DEUQUA-Tagung im September 2012 wurden folgende Ehrungen vorgenommen:

Verleihung der Albrecht-Penck-Medaille, Verleihung der Ehrenmitgliedschaft und des Woldstedt-Preises.

Die Albrecht-Penck-Medaille wird als besondere Ehrung für hervorragende wissenschaftliche Verdienste um die Quartärforschung verliehen und wurde 2012 an zwei Wissenschaftler vergeben. Zum Ehrenmitglied kann ernannt werden, wer die Quartärforschung oder die Deutsche Quartärvereinigung sehr gefördert hat.

Der Woldstedt-Preis wird für hervorragende Abschlussarbeiten und Dissertationen verliehen. Es waren vier Dissertationen eingereicht worden, die von drei Gutachtern bewertet wurden.


Christian Schlüchter
Christian Schlüchter

Albrecht-Penck-Medaille an Prof. Dr. Christian Schlüchter

Christian Schlüchter ist ein vielseitiger Quartärforscher und akademischer Lehrer. Darüber hinaus war er in zahlreichen Wissenschaftsorganisationen tätig. Geboren im Schweizer Emmental, studierte er Geologie an der Universität Bern. Seine Dissertation zu einem quartärgeologisch-sedimentologischen Thema schloss er 1973 unter der Betreuung von Prof. Dr. R. F. Rutsch ab. Nach zwei Jahren in Kanada kehrte er als Forscher und Lehrer an die ETH Zürich in die Schweiz zurück, wo er 1990 die Lehrbefugnis erwarb. 1993 folgte er dem Ruf an die Universität Bern. Seine Forschungsarbeiten führten ihn wiederholt in die Antarktis, nach Neuseeland, auf das Tibetplateau sowie in die Gebirge der nördlichen Türkei. Darüber hinaus initiierte er viele Forschungsaktivitäten in den Alpen. Vergletscherungs- und Klimageschichte sind seine Themen, seine Resultate verteidigte er auch ggf. gegen die „offizielle“ Meinung des IPCC. Er hielt auch zu Vertretern in Politik und Baustoffindustrie gute Kontakte, was seinen Schülern bei Geländearbeiten zugute kam. Er betreute weit mehr als 100 Qualifikationsarbeiten. Aktiv war er in Vorständen von Datierungslabors in Zürich (Surface Exposure Dating), in Bern (Optically Stimulated Luminescence), und er pflegte u. a. die Zusammenarbeit mit Dr. Nicolussi (Innsbruck) zur Dendrochronologie an fossilen Hölzern, die ihm in den letzten Jahren durch den Klimawandel geradezu aus den Gletschern entgegengewachsen sind und eine seine großen Leidenschaften wurden. Christian Schlüchter war auch aktiv in internationalen Gremien: 1975-1987 als Sekretär der „Dreimanis-Kommission“: INQUA-Commission on Genesis and Lithology of Quaternary Deposits, 1981-1982 als Assistant Treasurer der INQUA, 1982-1991 als Secretary Treasurer der INQUA. 1987 entwickelte er maßgeblich die Idee einer eigenen Publikationsreihe der INQUA, was mit der Zeitschrift Quaternary International realisiert wurde. Er wirkte seit 1995 als Mitglied und von 1999 bis 2003 als Präsident in der INQUA Commission on Stratigraphy and Chronology. Als Meilenstein seiner Kommissionstätigkeit organisierte er im Jahr 2011 den INQUA-Kongress in Bern. In der DEUQUA ist er seit 1971 Mitglied und war in den Jahren 1998 bis 2002 deren Vizepräsident. In dieser Zeit fand die DEUQUA-Tagung im Jahr 2000 unter seiner Leitung in Bern statt. Von 2002 bis 2006 wirkte er als DEUQUA-Präsident.

Christian Schlüchter hat sich sehr vielen Aspekten einer facettenreichen Quartärforschung und auch der themenbezogenen Öffentlichkeitsarbeit gewidmet, wovon u. a. seine sehr umfangreiche Publikationsliste zeugt.

Wir danken ihm für sein vielfältiges Engagement, die Treue zur DEUQUA und freuen uns, ihn für seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen mit der Albrecht-Penck-Medaille auszeichnen zu dürfen. Wir hoffen, dass er im Ruhestand nach seinen Wünschen die Forschungsarbeiten erfolgreich fortführen kann.


Margot Böse überreicht Charles Turner die Albrecht-Penck-Medaille (Foto: H. Koschyk)
Margot Böse überreicht Charles Turner die Albrecht-Penck-Medaille (Foto: H. Koschyk)

Albrecht-Penck-Medaille an Dr. Charles Turner

Geboren in Kent und in Dorset zur Schule gegangen, studierte Charles Turner zunächst am Queen’s College Deutsch und Französisch. Er wechselte dann nach Cambridge und dort auch gleich die Disziplinen. Er erwarb einen Bachelor-Abschluss in Botanik, mit den Nebenfächern Geologie, Petrologie und Invertebraten-Zoologie. Danach begann seine wissenschaftliche Laufbahn mit der Bearbeitung eines Themas zu Interglazialen, ein Forschungsgegenstand, dem er von da an treu blieb. In seiner Dissertation „Middle Pleistocene Vegetational History and Geology in East Anglia“ ist die Bearbeitung der ersten vollständigen Interglazialsequenz in Großbritannien enthalten. Der Supervisor war Richard West, großen Einfluss auf die Arbeit hatte aber auch Prof. Sir Harry Godwin. Nach beruflicher Tätigkeit am British Museum, Abt. für Paläolithik, ging Charles Turner für zwei Jahre als Lecturer für Geographie an die University of London. Er wechselte an die Universität in Milton Keynes, wo er bis 2005 vielfältige Aufgaben wahrnahm. Seine Forschungen einschließlich der Laborarbeiten wurden aber an der University of Cambridge durchgeführt. Mit Hilfe von Pollen und Pflanzen-Makrofossilien widmete er sich der Analyse der Paläoumwelt und der Paläogeographie. Er arbeitete mit Richard West zusammen, aber vor allem mit Phil Gibbard, mit dem er gemeinsam in das Department of Geography ging. Charles Turner führte dort als Visiting Lecturer die Botanik-Kurse für das Quartär durch, während Phil Gibbard die Quartärgeologie lehrte. Nach Aufgabe seiner Position als Lecturer bleibt Charles Turner in der Forschung sehr aktiv. Seine Arbeitsgebiete liegen vornehmlich in East Anglia und Irland, Russland (Don-Becken), Griechenland (Epirus) sowie in Zentral-Spanien. Aktuell liegt sein wissenschaftlicher Fokus auf Cromer, Holstein- sowie Dömnitz-Warmzeit in Deutschland. In diesem Kontext beschäftigt er sich intensiv mit den quartären warmzeitlichen Ablagerungen in der Grube Schöningen. Charles Turner hat sich auch in internationalen Gremien engagiert: 12 Jahre leitete er als Präsident die INQUA-Subcommission on Quaternary Stratigraphy und gab den Band „The Early Middle Pleistocene in Europe“ heraus. In der Subcommission on Quaternary Stratigraphy, hier die Working Group on the Middle/Pleistocene Boundary, war er aktives Mitglied. Charles Turner hat seit langem freundschaftliche Kontakte zu renommierten Pollenanalytikern in Deutschland und mit seinen Anfragen zu Eem-Vorkommen hat er auch die Eem-Verteilungskarte des Landes Brandenburg indirekt initiiert.

Die DEUQUA freut sich, einen herausragenden internationalen Wissenschaftler und Freund der deutschen Quartärforschung mit der Albrecht-Penck-Medaille ehren zu dürfen.

 

Erhard Bibus (Foto: B. Terhorst)
Erhard Bibus (Foto: B. Terhorst)

Ehrenmitgliedschaft an Prof. Dr. Erhard Bibus

Erhard Bibus ist Hochschullehrer i. R. an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Geboren zu Kriegszeiten im Sudentenland, studierte er in Frankfurt/Main Geographie, Geologie, Bodenkunde und Germanistik. Seine Dissertation im Jahr 1971 befasste sich mit der Geomorphologie des südöstlichen Taunus (Betreuer Prof. Dr. H. Lehmann und Prof. Dr. A. Semmel). Die Habilitation (1979) im Fach Physische Geographie beinhaltet eine Untersuchung zur Relief-, Boden- und Sedimententwicklung am unteren Mittelrhein. Es folgten temporäre Lehrtätigkeiten in Frankfurt, Basel, Bonn und Tübingen. 1981 wurde Erhard Bibus auf die Professur für Physische Geographie (Geoökologie und Quartärforschung) an die Universität in Tübingen berufen. Ferner war er langjährig freiwilliger und ständiger Mitarbeiter für Quartärgeologie und Bodenkunde am Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau von Baden-Württemberg. Seine Forschungsschwerpunkte lagen in den Bereichen Geoökologie, quartäre Relief-, Boden- und Sedimententwicklung in Südwest-Deutschland sowie in der Paläopedologie. Erhard Bibus führte u. a. im Rahmen von Projekten Forschungstätigkeiten in Brasilien durch. Sein besonderer Schwerpunkt lag auf der Forschung in Deutschland. Besonders hervorzuheben sind seine Studien an Lössprofilen und Terrassensedimenten, ferner beschäftigte er sich mit Hanginstabilität, vornehmlich an der Schwäbischen Alb. Immer im Blickfeld hatte er dabei das gesamte Quartär, wo ihn stratigraphische Fragen und die paläoökologische Forschung besonders interessierten. Zu diesen Forschungsthemen gibt es zahlreiche Abschlussarbeiten von Studierenden, die durch eine weit gestreute Thematik gekennzeichnet sind. Einige seiner Schüler sind heute ebenfalls bekannte Kolleginnen und Kollegen in der Geographie und den Quartärwissenschaften. Damit hat Erhard Bibus auch in der Ausbildung wesentlich zur Verbreitung der Quartärforschung beigetragen, renommierte Nachwuchswissenschaftler in ihren Anfängen gefördert und wesentliche Anstöße gegeben. Für diese Verdienste hat der DEUQUA-Vorstand Erhard Bibus zum Ehrenmitglied ernannt.


Manfred Löscher (Foto: D. van Husen)
Manfred Löscher (Foto: D. van Husen)

Ehrenmitgliedschaft an Dr. Manfred Löscher

Manfred Löscher hat in Heidelberg Geologie, Geographie, Chemie und Sport studiert und dort auch 1968 sein erstes Staatsexamen abgelegt. Nach der Referendarzeit erhielt er von 1970 bis 1972 ein DFG-Stipendium; die Promotion zum Thema „Die präwürmzeitlichen Schotterablagerungen in der nördlichen Iller-Lech-Platte“ erfolgte 1974. Von 1972 bis 1978 war er wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Graul. Danach ist Manfred Löscher in den Schuldienst zurückgekehrt, und zwar an das Friedrich-Ebert-Gymnasium in Sandhausen, unweit von Heidelberg. Manfred Löscher blieb jedoch der DEUQUA und der Quartärforschung treu, was bis heute seine rege Publikationstätigkeit belegt. Zwischen 1978 und 2012 sind 48 Veröffentlichungen über den nördlichen Oberrheingraben und dessen östliches Randgebiet erschienen. Er befasst sich darin mit fluvialen Sedimenten, Dünen, Löss und paläontologischen Untersuchungen und wiederholt mit Rahmenuntersuchungen zum Homo heidelbergensis. Sein zweites Untersuchungsgebiet lag im Alpenvorland, vornehmlich auf der Riß-Iller-Lech-Platte. Die 22 Publikationen zu diesem Raum entstanden häufig in Kooperation mit anderen namhaften Quartärforschern. Manfred Löscher zeichnete sich in der Wissenschaft auch durch seine Kooperationsfähigkeit aus. Hinzu kommt seine berufliche Tätigkeit im Gymnasium in Sandhausen, wo er die Schüler intensiv in seine Arbeiten mit einbezog. Er gestaltete nicht nur einen anschaulichen Unterricht zu Quartärthemen, sondern begeisterte seine Schüler mit praktischen Geländearbeiten, wie z. B. mit Grabungsarbeiten, mit der Aufnahme von Bodenprofilen und mit der Anfertigung von Lackprofilen. Weiterhin führte er die Schüler an archäologische Grabungen heran und verfolgte damit gleichzeitig auch pädagogische Ziele. Er verhalf nicht selten schwierigen Jugendlichen zu neuen Perspektiven und bot mit den Geländearbeiten auch Halt in der Freizeit. Er stellte eine Symbiose zwischen Pädagogik und Wissenschaft her, die bei einigen seiner Schüler auch im Studium und bei der späteren Berufswahl nachhaltig wirkte. Im Rahmen der Lehrerfortbildung vermittelte Manfred Löscher vor allem bodenkundliche Ansätze und Fertigkeiten.

Wir möchten Manfred Löscher im Namen der DEUQUA für seine vielfältigen Aktivitäten in der Quartärforschung und deren Vermittlung an junge Leute danken, indem wir ihm die Ehrenmitgliedschaft verleihen.


Björn Buggle (Foto: S. Schimmelpfennig)
Björn Buggle (Foto: S. Schimmelpfennig)

Woldstedt-Preis an Dr. Björn Buggle

Björn Buggle stammt aus Kempten/Allgäu, wo er auch zur Schule ging. Das Studium der Geoökologie absolvierte er an der Universität in Bayreuth, wozu ein Auslandsemester an der ETH Zürich gehörte. Seine Diplomarbeit befasste sich mit dem Thema “Stratigraphy and Geochemical Characterization of Southeastern European Loess Paleosol Sequences”. Nach dem sehr erfolgreichen Studienabschluss war Björn Buggle von 2005 bis 2006 Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Für einen Tagungsbeitrag erhielt er 2011 den Young Scientists Oral Presentation Award auf der Konferenz „Landscape & Soils through Time“, Joint Conference of IUSS, Commission on Paleopedology and IUSS and Commission on Soil Geography. Von September 2007 bis Juli 2011 widmete er sich seinem Promotionsvorhaben im Rahmen eines DFG-Projektes. Hierbei wurden vertiefte Kenntnisse in paläopedologisch-sedimentologischen Methoden erworben und angewandt.

Die Promotion schloss er im Juli 2011 ab, die Dissertation zum Thema „Reconstruction of Late and Mid-Pleistocene climate and landscape history in SE-Central Europe“. Die Promotionsleistung wurde mit einer Gesamtnote summa cum laude bewertet. Erstgutachter war Prof. Dr. B. Glaser (früher Bayreuth, jetzt Halle, Bodenbiochemie), Zweitgutachter Prof. Dr. L. Zöller (Bayreuth). Diese Arbeit wurde von drei Gutachtern als preiswürdig für den Woldstedt-Preis befunden, da sie einen grundlegenden Beitrag zur Löss-Paläobodenforschung darstellt. Die Vielfalt der angewendeten etablierten Methoden (Geochemie, Biomarker, Mikromorphologie / Paläopedologie, Spektroskopie, Isotopie) ermöglichte die Etablierung einer verlässlichen Chronostratigraphie und die Rekonstruktion der regionalen Klima- und Landschaftsgeschichte der letzten 700.000 Jahre. Die umfassende Studie für den Untersuchungsraum stellt einen deutlichen Forschungsfortschritt dar.

Wir wünschen Björn Buggle, der jetzt als DAAD-Postdoc-Stipendiat an der ETH Zürich tätig ist, viel Erfolg für seine weitere wissenschaftliche Laufbahn.


Christopher Lüthgens (Foto: J. L. García)
Christopher Lüthgens (Foto: J. L. García)

Woldstedt-Preis an Dr. Christopher Lüthgens

Christopher Lüthgens hat sein Studium an der Freien Universität Berlin mit dem 1. wissenschaftlichen Staatsexamen in Geographie und Anglistik abgeschlossen. Im Rahmen des DFG-Projektes „Datierung der weichselzeitlichen Haupteisrandlagen in Nordostdeutschland mit Hilfe von physikalischen Methoden (OSL und IR-RF)“, das von Margot Böse gemeinsam mit dem unlängst verstorbenen Dr. Matthias Krbetschek durchgeführt wurde, war Christopher Lüthgens ein sehr erfolgreicher Mitarbeiter. Er arbeitete sich intensiv und zielstrebig in die OSL-Methode ein und knüpfte rasch Kontakte in die „Lumineszenz-Community“, was ihm auch ergänzende Messungen in anderen Laboratorien ermöglichte. Er war maßgeblich an der Organisation eines internationalen Workshops zum Thema “Exploratory workshop on the frequency and timing of glaciations in northern Europe (including Britain) during the Middle and Late Pleistocene“, unter der Leitung von M. Böse und J. Rose beteiligt und ist Mitherausgeber von Themenbänden in internationalen Fachzeitschriften. Seine Promotion zum Thema ”The age of Weichselian main ice marginal positions in north-eastern Germany inferred from Optically Stimulated Luminescence (OSL) dating” schloss er 2011 mit summa cum laude ab.

In dieser Arbeit konnten durch detaillierte Analysen der Messergebnisse solide Modellalter ermittelt werden. Besonders hervorzuheben ist, dass es Christopher Lüthgens im Gegensatz zu zahlreichen Datierungsstudien in seiner Arbeit nicht nur bei der Präsentation seiner Altersdaten belässt, sondern einen Vergleich mit anderen Chronologien unternimmt. Darüber hinaus unterzieht er seine Daten einer kritischen Diskussion im Kontext mit weiteren, neuen chronologischen Studien (z. B. Surface Exposure Dating) unter Berücksichtigung des morphodynamischen Prozessgeschehens. Er beleuchtet das Thema aus der geomorphologischen und der methodischen Perspektive. In diesem Kontext wird deutlich, dass einer robusten Datierung neben der Entwicklung und Wahl der Methodik auch immer der Blick für den geomorphologischen Prozess sowie den quartärgeologischen Kontext zu Grunde liegen sollte. Mit seiner Erkenntnis der Zweiphasigkeit des LGM (Brandenburger Stadium, Pommersches Stadium) im Untersuchungsraum wird eine Wissenslücke geschlossen, die vorher aufgrund des Mangels an verlässlichen geochronologischen Daten bestanden hat.

Auf einer Stelle als Lehrkraft für besondere Aufgaben hielt es den Preisträger nicht lange. Eine Post-Doc-Stelle mit 'tenure track'-Möglichkeit an der BOKU in Wien, verknüpft mit der Führung des dortigen OSL-Labors eröffnete ihm eine Zukunft als Wissenschaftler. Wir wünschen Christopher Lüthgens viel Erfolg für seine persönliche Zukunft und seine wissenschaftliche Karriere.

Margot Böse (Berlin)

Die Zerstörung und sedimentäre Überdeckung Olympias (Westpeloponnes, Griechenland) – ein interdisziplinäres Projekt

Tsunami-Überflutungshöhen in m über dem heutigen Meeressp. auf d. Grundlage numerischer Simulationen für ein extremes Starkwellenereignis aus westl. Richtung nach Ankunft der 3. Welle eines dreiteiligen Tsunami-Wellenzugs. Abb. verändert n. Röbke et al.
Tsunami-Überflutungshöhen in m über dem heutigen Meeressp. auf d. Grundlage numerischer Simulationen für ein extremes Starkwellenereignis aus westl. Richtung nach Ankunft der 3. Welle eines dreiteiligen Tsunami-Wellenzugs. Abb. verändert n. Röbke et al.

Die antike Kultstätte Olympia liegt am Zusammenfluss von Kladeos und Alpheios etwa 19 km vom Golf von Kyparissia entfernt. Seit 1875 wird die Stätte am Fuß des Kronos-Hügels systematisch aus der 7-8 m hohen Olympia-Terrasse ausgegraben. Aktuelle geomorphologische Studien zeigen, dass die Olympia-Terrasse vorwiegend auf das Kladeos-Tal und untere Laufabschnitte des Alpheios beschränkt ist. Sie lässt sich bis 5,5 km Kladeos-aufwärts verfolgen, ist maximal 500 m breit und von einer bis zu 200 m breiten Rinne zerschnitten. Da die Fließgewässer Kladeos und Alpheios auch heute ungefähr auf ihrem antiken Niveau fließen, muss die Verschüttung Olympias mit außergewöhnlich starken Sedimentations- und Erosionsvorgängen innerhalb von nur wenigen Jahrtausenden in Zusammenhang stehen. Bislang wird die Zerstörung Olympias mit Auswirkungen von Erdbeben im 6. Jahrhundert n. Chr. in Verbindung gebracht, die Überdeckung als Folge von anthropogener Bodenerosion, Klimaschwankungen oder karsthydrologisch gesteuerten katastrophenartigen Abflüssen gedeutet. Keine dieser Hypothesen ist jedoch mit stichhaltigen Gelände- oder Laborbefunden belegt. Das bislang ungelöste Rätsel der Zerstörung und Verschüttung Olympias hängt unmittelbar mit der Tal- und Landschaftsentwicklung im Kladeos- und unteren Alpheios-Tal sowie mit der paläogeographischen Küstenentwicklung zusammen. Daher werden im hier vorgestellten Projekt erstmals systematische geomorphologische, sedimentologische, paläoseismologische und geoarchäologische Untersuchungen der Olympia-Terrasse zwischen dem Kladeos-Oberlauf und der heutigen Küste durchgeführt. Hauptziel des Projektes ist, die Ursachen und die damit zusammenhängenden geomorphologischen Prozesse der Zerstörung sowie der sedimentären Überdeckung Olympias zu erfassen und zu datieren.

Seit 2010 wurden insgesamt rund 50 Rammkernsondierungen nach vorheriger intensiver geophysikalischer Untergrunderkundung abgeteuft. Auf der Grundlage detaillierter sedimentologischer, geochemischer und mikropaläontologischer Analysen der Bohrkerne können für die unmittelbare Umgebung von Olympia fünf Hochenergie-Ereignisse festgestellt werden, die für einen großen Teil der mächtigen Sedimentablagerungen der Olympia-Terrasse verantwortlich sind. Die bislang vorliegenden geochronologischen Daten legen nahe, dass diese Ereignisse mit mehreren Erdbeben seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. zusammenhängen, die Hochenergie-Sedimente also einen klaren paläoseismologischen Hintergrund aufweisen. Außerdem deuten zahlreiche geomorphologische und sedimentologische Befunde auf die Möglichkeit einer mehrfachen Ereignis-gebundenen Überschwemmung Olympias im Zuge weiten landseitigen Eindringens von Tsunami-Wassermassen aus dem Golf von Kyparissia in das Alpheios- und Kladeos-Tal hin, wie dies im Rahmen der Olympia-Tsunami-Hypothese (OTH) diskutiert wird. Diesbezügliche Belege für eine mehrfache, höchstwahrscheinlich jeweils an Erdbeben geknüpfte Tsunami-gebundene Überflutung liegen für den antiken Hafen Pheia am Golf von Kyparissia bereits vor. Numerische Simulationen extremer Tsunami-Ereignisse für den Golf von Kyparissia, die von der heutigen Küstenkonfiguration ausgehen, zeigen, dass das untere Alpheios-Tal hinsichtlich der Tsunami-Wellenausbreitung eine Sonderrolle einnimmt. Für dieses Gebiet wurden die weitesten, bis 15 km landeinwärts reichenden Tsunami-Überflutungsdistanzen berechnet, die auf einem starken Trichtereffekt beruhen. Die Simulationsergebnisse stimmen überdies gut mit den vorliegenden Geländebefunden überein.

Die OTH basiert auf dem größten bislang erhobenen Gelände- und Labordatensatz und stellt die bis dato plausibelste Erklärung für die Verschüttung Olympias dar. Nichtsdestotrotz muss sie weiteren Überprüfungen standhalten. Zu diesem Zweck sind für die folgende Projektphase bis 2016 verstärkt mikrofossilanalytische Analysen an Hochenergiesedimenten im Umfeld von Olympia, interdisziplinäre archäologische und kombinierte geomorphologische Detailstudien im zentralen Kultstättenbereich sowie hochauflösende geochronologisch-paläoseismologische Untersuchungen an Hochenergiesedimenten der Olympia-Terrasse vorgesehen, mit deren Hilfe die Auflösung der bislang vorliegenden Ereignis-Geochronostratigraphie deutlich verbessert werden kann.

Die Projektarbeiten werden im interdisziplinären Verbund zusammen mit Althistorikern, Archäologen, Geomorphologen und Ingenieurwissenschaftlern der Universitäten Aachen, Darmstadt, Freiburg und Heidelberg durchgeführt. Sie sind in das vom Deutschen Archäologischen Institut initiierte Projekt „Olympia und seine Umwelt“ eingebettet und an Untersuchungen zu Tsunami-Ereignissen an Küsten des Ionischen Meeres im Rahmen eines von der DFG geförderten Projektes angegliedert.

Andreas Vött, Peter Fischer & Björn Röbke (Mainz)

Matthias R. Krbetschek 1956-2012

Am 15. Oktober 2012 verstarb unser lieber Freund und Kollege Matthias Krbetschek nach längerer Krankheit zu Hause in Freiberg/Sachsen.

Matthias R. Krbetschek wurde am 22. März 1956 in Frankenberg (DDR) geboren. Nach Erwerb der allgemeinen Hochschulreife (Beruf des Fahrzeugschlossers mit Abitur) studierte Matthias das Fach Geologie an der Bergakademie Freiberg und schloss sein Diplom 1982 mit einer Arbeit zum Thema „Lagerstätten, paragenetische Bearbeitung des NW-Feldes der Zinnerzlagerstätte Ehrenfriedersdorf/Erzgebirge“ ab. Anschließend arbeitete Matthias fünf Jahre als Geologe beim VEB Braunkohlenkombinat Senftenberg und entwickelte sein Interesse für Quartärstratigraphie und Geochronologie, was ihn bewog, für eine Doktorarbeit an die Bergakademie zurückzukehren. Im Rahmen des Projekts „Beiträge zur Umwelt- und Klimaforschung mittels natürlicher Radioaktivität und Geochronologie“ baute er dort das erste Lumineszenzdatierungslabor der früheren DDR am Institut für Angewandte Physik mit Mitteln der Sächsischen Akademie der Wissenschaften (SAW) auf. Seine Arbeiten begann Matthias mit einem Forschungsaufenthalt im Labor der Estnischen Akademie der Wissenschaften bei Prof. Galina Hütt in Tallin und datierte Sedimentablagerungen in Ostdeutschland mittels Lumineszenz.

Unmittelbar nach der Wiedervereinigung suchte Matthias bereits im Frühjahr 1990 den Kontakt zu internationalen und westdeutschen Kollegen, vor allem zur Forschungsstelle Archäometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften am MPI für Kernphysik in Heidelberg. Es entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit innerhalb eines Projekts zur Lumineszenzspektrometrie im Rahmen der BMBF-Förderung „Neue Technologien in den Geisteswissenschaften“. Die regelmäßig stattfindenden Treffen dieser beiden Lumineszenzgruppen entwickelten sich zur jährlich stattfindenden Tagung Deutsche Lumineszenz- und ESR-Datierung. Viele Freundschaften mit Matthias wurden auf deren traditioneller Wanderung bei Wind und Wetter geschlossen.

Das SAW Projekt wurde 1993 diversifiziert und erhielt eine Langzeitfinanzierung unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Lothar Eißmann, wobei der Arbeitsbereich „Quartäre Geochronologie“ von Matthias geleitet wurde. 1995 promovierte er zum Dr. rer. nat. an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg mit dem Thema „Lumineszenz-Datierung quartärer Sedimente Mittel-, Ost- und Nordostdeutschlands“.

Matthias’ Interessen waren weit gefächert und seine grundlegenden Kenntnisse in Physik waren nicht nur für seine eigenen Arbeiten essentiell, sondern auch für so manche Kollegen, mit denen er sein Wissen immer gerne teilte. Ein Schwerpunkt seiner Arbeiten lag in der Grundlagenforschung zu Lumineszenzemissionen verschiedenster Materialien, aber auch zu dosimetrischen Fragestellungen von radioaktiven Ungleichgewichten, der Entwicklung von Datierungstechniken und -methoden. Die Anwendung dieser Methoden brachte Feldforschungen in aller Welt mit sich, mit Schwerpunkten zu pleistozänen Eisrandlagen in Deutschland, Russland, Kamtschatka, dem Lena-Delta und vielen weiteren Lokalitäten, die er oft in Zusammenarbeit mit renommierten Forschungsinstitutionen wie zum Beispiel dem Alfred-Wegener-Institut durchführte. Seine Arbeiten zum Alter europäischer Interglaziale und kaltzeitlicher Eisvorstöße sind grundlegend. Von besonderem Interesse für Matthias war die Verbindung dieser Arbeiten zu archäologischen und paläoanthropologischen Fundstellen. Besonders hervorzuheben ist die Entwicklung der Infrarot-Radiofluoreszenzdatierung (IR-RF), die im Rahmen eines BMBF Forschungsprojekts zur Radiolumineszenz in der Archäochronometrie und Geoarchäologie mit mehreren Dissertationen unter Matthias‘ Führung erfolgte. Bis heute ist das Freiberger Labor das einzige, welches erfolgreich diese Art der Datierung angewendet hat.

Matthias außergewöhnlicher wissenschaftlicher Erfolg ist in über 80 wissenschaftlichen Publikationen dokumentiert. Vermisst werden wird er aber vor allem aufgrund seiner großartigen Persönlichkeit als offener und freundlicher Mensch, der jedem prinzipiell positiv entgegen trat. Matthias war immer hilfsbereit und hat seine Kenntnisse gerne geteilt. Er war kein Mensch von großen Worten, er wählte diese eher mit Bedacht, was sowohl den wissenschaftlichen als auch den persönlichen Diskussionen mit ihm eine besondere Wertigkeit gegeben hat.

Nach Auslaufen der Förderung durch die SAW arbeitete Matthias 2011 für die Firma Freiberg Instruments und verwirklichte seine Innovationsfreude mit der Entwicklung eines neuen Lumineszenzmessgeräts – lexsyg. Er erkrankte während dieser Zeit und konnte 2012 seine neue Arbeitsstelle in Freiberg für das Dresdner Senckenberg-Museum für Mineralogie und Geologie nicht mehr aufnehmen.

Matthias bleibt bei allen die ihn kannten als ein herausragender Kollege in Erinnerung und bei vielen auch als lieber Freund.

Daniel Richter & Ludwig Zöller (Bayreuth)

Die DEUQUA auf der GeoHannover 2012

Die DEUQUA war bei der GeoHannover zum Thema „GeoRohstoffe für das 21. Jahrhundert“, die vom 1. bis 3. Oktober 2012 in Räumen der Universität Hannover stattfand, mit einem Stand und einer eigenen wissenschaftlichen Sitzung vertreten. An dem Stand wurde vor allem unsere Zeitschrift „E&G Quaternary Science Journal“ präsentiert und es konnten neue Mitglieder für die DEUQUA geworben werden. Ein unerwarteter Erfolg war die von Herrn Prof. Dr. Ralf Niedermeyer und mir geleitete, ausgesprochen gut besuchte Sitzung zum Thema: „Das Quartär: Klima, Sedimente, Mensch“. Die Sitzung, die mit vier Vorträgen und zahlreichen Postern v. a. landschaftsgenetische und angewandte Themen umfasste, bot die Möglichkeit zu interessanten Diskussionen. Obwohl die DEUQUA (immer noch) eine der kleineren Vereinigungen ist, hat sie ihren festen Platz in der Gemeinschaftsveranstaltung geowissenschaftlicher Vereinigungen gefunden.

Margot Böse (Berlin)

DEUQUA 2012 in Bayreuth - Tagungsbericht

Foto 1: Ludwig Zöller erläutert in einer kleinen Ausstellung im Keller des Goldkronacher Schlosses die paläogeographische Situation zur Zeit des Muschelkalk in Nähe der Fränkischen Linie (Foto: C. Hoselmann).
Foto 1: Ludwig Zöller erläutert in einer kleinen Ausstellung im Keller des Goldkronacher Schlosses die paläogeographische Situation zur Zeit des Muschelkalk in Nähe der Fränkischen Linie (Foto: C. Hoselmann).

Die 36. Hauptversammlung der Deutschen Quartärvereinigung fand Anfang September auf dem Campus der Universität Bayreuth statt. Ludwig Zöller und seinem Team ist es gelungen, eine ausgezeichnet organisierte Tagung mit einem interessanten Tagungs- und Exkursionsprogramm zusammenzustellen. Mit rund 140 Teilnehmern aus 10 Ländern war die Tagung sehr gut besucht.

Den Anfang der Tagung machte traditionell die Icebreaker-Party, welche in der Sammlung Roßmann im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth abgehalten wurde. Die eindrucksvolle Ausstellung umfasst eine Vielzahl verkieselter Hölzer mit bis zu sechs Meter langen Baumstämmen aus der Trias. Hier begrüßte der zweite Bürgermeister von Bayreuth, Thomas Ebersberger, die Teilnehmer der Eröffnungsveranstaltung.

Am folgenden Tag wurde die Tagung von der Präsidentin der DEUQUA, Margot Böse (Berlin), dem Vizepräsidenten der Universität Bayreuth, Hans-Werner Schmidt, sowie dem Schirmherrn der DEUQUA 2012, dem parlamentarischen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Hartmut Koschyk, offiziell eröffnet. Neueste Forschungsergebnisse der verschiedenen Schwerpunktthemen der Tagung wurden zum Teil in Parallelveranstaltungen präsentiert. Eine sehr umfangreiche Posterausstellung zeigte darüber hinaus ein großes Engagement der Teilnehmer. Die Themenschwerpunkte umfassten ein weites Spektrum der Quartärwissenschaften:

- Fortschritte der Quartärstratigraphie

- Löss und terrestrische Archive

- Steinzeitlicher Mensch und Umweltwandel – zur Archäologie von Umweltrisiken

- Klima und Umwelt der letzten 130.000 Jahre

- Quartäre Landschaftsentwicklung – ein Schlüssel zum Verständnis aktueller Georisiken

- Endogene Prozesse (Neotektonik und Vulkanismus)

National und international besetzte Plenarvorträge ergänzten die dreitägige Hauptversammlung der DEUQUA.

Der Präsident der "Hugo-Obermaier-Gesellschaft für Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit" Thorsten Uthmeier (Universität Erlangen-Nürnberg) hielt den öffentlichen Abendvortrag zum Thema „Kleine und große Katastrophen? Umweltrisiken in den Steinzeiten Europas“.

Die erweiterten Kurzfassungen der Vorträge und Posterpräsentationen finden sich im Band 117 der Schriftenreihe „Bayreuther Forum Ökologie“ (ISSN 0944-4122).

Der Gesellschaftsabend wurde auf Einladung des Hausherrn Hartmut Koschyk im Park des Schlosses von Goldkronach abgehalten. Höhepunkt des Abends war die Verleihung der Albrecht-Penck-Medaille an Christian Schlüchter (Bern) sowie Charles Turner (Cambridge) mit den Laudationes von Margot Böse. Eine Lichtinstallation des Coburger Künstlers Christoph Drews an der Fassade des Schlosses zum Thema „Humboldts Traumbilder“ rundete die Veranstaltung eindrucksvoll ab.

Zu den im Rahmen der DEUQUA-Tagung durchgeführten Exkursionen ist ein Exkursionsführer „From Paleozoic to Quaternary – A field trip from the Franconian Alb to Bohemia“ (Herausgeber L. Zöller & A. Peterek) bei GEOZON erschienen und kann dort als gedruckte Ausgabe zum Preis von 34,- Euro bestellt oder als PDF unter www.geozon.info/publikationen heruntergeladen werden.

Die Exkursion „Europäische Wasserscheide, Flussgeschichte, Bruchschollenzone, Trebgasttal“ führte in die nördliche und nordwestliche Umgebung von Bayreuth und verband die wichtigsten Stationen der im DEUQUA-Exkursionsführer beschriebenen Exkursionen A und B. Hauptthema der Exkursion waren quartäre und tertiäre Flusslaufverlagerungen. Unter der Leitung von Ludwig Zöller und Wolfgang Schirmer, unterstützt durch Ulrich Hambach, Thomas Kolb und Peter Kühn, wurden an insgesamt acht Exkursionspunkten Flussterrassen und ihre Deckschichten als Archive der Landschaftsgeschichte diskutiert. Am Vormittag stand die wechselvolle Geschichte des Trebgasttales, das zeitweilig auch von der Steinach und dem Roten Main durchflossen wurde und in dem fünf stratigraphisch unterscheidbare Flussterrassen überliefert sind, im Mittelpunkt. Nach der Mittagspause in einem landestypischen Gasthof wurde die neogene und quartäre Entwicklung am Oberlauf des Mains behandelt. Zum Schluss hat Ludwig Zöller im Keller der Brauerei Haberstumpf in Trebgast die Trebgaster Radioaktivitätsanomalie vorgestellt.

Die Exkursion "Steinzeit auf der Frankenalb" besuchte unter der Leitung von Thorsten Uthmeier und Leif Steguweit als erstes die Höhlenruine bei Hunas (letzte Grabungskampagne, bisher 150 Arten an Wirbeltieren bestimmt), die von Brigitte Hilpert vorgestellt wurde. Ludwig Reisch führte als Emeritus in Essing (Abri 1, 2, Sesselfelsgrotte, Klausenhöhlen). Im Abri 2 (Eigentum der Universität Erlangen) wurden im Laufe der Grabungen über 80.000 Artefakte gefunden. Klaus Eisele stellte abschließend den Silexbergbau bei Arnhofen vor (über 650 Schächte identifiziert, über 20.000 vermutet).

Die dreitägige Exkursion „Tschechien und angrenzende Teile Nordbayerns (Neotektonik, Neovulkanismus, Holozän, Löss)“ mit 18 Teilnehmern startete von Bayreuth aus unter der Leitung von Andreas Peterek und Ludwig Zöller in Richtung Tschechien. Noch auf deutscher Seite erfolgte am Armesberg östlich von Kulmain die Einführung in das Exkursionsgebiet mit Blick auf das Fichtelgebirge, den Steinwald und in den Waldersdorf-Neusorg-Graben. Unmittelbar nachdem die Grenze nach Tschechien zu Fuß überschritten wurde, erreichte die Gruppe den Aufschluss Želesná hurka (Eisenbühl) mit einem quartären Schlackenkegel. Neben Fragen zur Genese konzentrierte sich die Diskussion auf die Frage der Alterseinstufung dieses Vulkans. Neue Datierungen an Zeolithen lassen auf ein Alter jünger als 300.000 Jahre schließen. Auch das unmittelbar benachbarte Mýtina-Maar wird derzeit intensiv geophysikalisch und durch Forschungsbohrungen untersucht.

An den folgenden Exkursionspunkten standen die Neotektonik des Eger-Rifts und die in diesem Zusammenhang diskutierten Laufverlegungen der Flüsse im Mittelpunkt. Als Zeichen für aktive Vulkantätigkeit im Untergrund werden die CO2-Entgasungen der Mofetten betrachtet, die im Plesna-Tal bei Hartoušov besonders spektakulär in Erscheinung treten. Kontrovers diskutiert wurden die kryoturbaten Aufpressungen in Terrassenablagerungen der Ohre (Eger) in einer Kiesgrube bei Nebanice, die möglicherweise an junge tektonische Bewegungen gekoppelt sind. Östlich von Nový Kostel konzentrieren sich die Schwarmbeben; hier verläuft die markante Mariánské Lázne (Marienbader) Störungszone. Nach einem Rundgang durch Františkovy Lázne (Franzensbad) mit Verkostung von Mineralwässern fand der erste Exkursionstag seinen Abschluss am berühmten Vulkankegel des Komorni Hurka (Kammerbühl).

Der zweite Exkursionstag unter der Leitung von Vaclav Cílek und Andreas Peterek startete mit einem Blick in einen der großen Braunkohletagebaue bei Nové Sedlo, der stellvertretend für eine Vielzahl von Gruben im zentralen Eger Graben steht. Nach einem Stadtrundgang durch Karlovy Vary (Karlsbad) mit seinem berühmten "Sprudelquell" und den mächtigen Travertinen erklommen die Exkursionsteilnehmer die tertiäre Phonolithkuppe bei Andelská Hora (Engelsburg) und genossen den Panoramablick zum Erzgebirge. Am Nachmittag stand der böhmische Karst mit seinen Kalktuffablagerungen im Mittelpunkt der Diskussion. Überraschend bot sich in Beroun ein Blick in ein Schurfprofil, in dem holozäne Kalksteinschuttlagen unterhalb eines Kalksteinfelsens aufgeschlossen waren. Im Abendlicht erreichte die Exkursion Svatý Jan pod Skalou (St. Johann unter dem Felsen), wo eines der vollständigsten und am besten datierten Holozän-Profile in bis zu 18 m mächtigen Travertinen vorgestellt wurde.

Nach Übernachtung in Prag verschafften sich die Exkursionsteilnehmer am dritten Exkursionstag zunächst einen Überblick über die Terrassenabfolge des Vltava (Moldau) bei Husinec, bevor es zum bekanntesten Lössprofil Zentralböhmens nach Zemechy ging. Hier führten Lenka Lisá und Jan Hošek durch Löss-Paläoboden-Abfolgen des Eems und des letzten Glazials. Mit vielfältigen Eindrücken von einer durch junge Tektonik geprägten Landschaft erreichte die Exkursion am späten Sonntagnachmittag Bayreuth.

Christian Hoselmann (Wiesbaden), Ernst Kroemer (Hof), Stefan Wansa (Halle/Saale) & Michael Weidenfeller (Mainz)

Foto 2: Ablagerungen eines Paläomäanders des Mains bei Marktzeuln im Kiessandtagebau Lettenreuth (Foto: K. Schuberth).
Foto 2: Ablagerungen eines Paläomäanders des Mains bei Marktzeuln im Kiessandtagebau Lettenreuth (Foto: K. Schuberth).
Foto 3: Quartärer Schlackenkegel bei Želesná hurka (Foto: M. Weidenfeller).
Foto 3: Quartärer Schlackenkegel bei Želesná hurka (Foto: M. Weidenfeller).

Bericht zum Löss-Symposium in Würzburg 2012

Am 15. September 2012 fand das „2nd Würzburger Loess Symposium“ statt. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung von Sergey Sedov (Institute of Geology, UNAM, Mexico City) und Birgit Terhorst (Institut für Geographie und Geologie, Universität Würzburg) im historischen Toskanasaal der Residenz zu Würzburg. Unter dem Titel „Palaeolandscapes of Middle and Late Pleistocene“ wurden in sechs Vorträgen aktuelle Forschungen aus den Arbeitsgruppen der teilnehmenden Wissenschaftler vorgestellt.

Den Auftakt der Vortragsreihe bildete eine Präsentation von Sergey Sedov (Mexiko) und Svetlana Sychova (Russland) zur Paläopedologie spätpleistozäner Lössprofile aus den östlichen Teilen Europas. Im Anschluss referierte Frank Lehmkuhl (Aachen) über ausgewählte Lössprofile Mitteleuropas und Rumäniens. Slobodan Markovic (Serbien) beschäftigte sich im Folgenden mit den Lössen des Mittleren Donaubeckens und der Entwicklung einer eurasischen Lössstratigraphie.

Pierre Antoine (Frankreich) präsentierte zu Beginn der Nachmittagssitzung Ergebnisse aus den langjährigen Forschungen in den jungpleistozänen Lösssequenzen von Frankreich über Belgien bis Westdeutschland und betonte die Bedeutung des Übergangs vom mittleren zu späten Pleniglazial. Die klassischen Lössprofile Niederösterreichs, wie Paudorf, Stillfried und Göttweig wurden im Anschluss durch die Gastgeberin Birgit Terhorst präsentiert und in den Kontext der Paläoumweltentwicklung gestellt. Den Abschluss der Vortragsreihe bildete eine Präsentation von Marc Händel (Österreichische Akademie der Wissenschaften) mit einem Modell zur Entstehung archäologischer Befunde und morphologischer Strukturen innerhalb der gravettienzeitlichen Fundschicht der Grabung Krems-Wachtberg.

Sergey Sedov (Mexico City) & Birgit Terhorst (Würzburg)

Kurzbericht von der 24. AGAQ-Tagung vom 27.-29.04 2012 in Seeham bei Salzburg

Teilnehmer der AGAQ 2012, Foto: Dorian Gaar
Teilnehmer der AGAQ 2012, Foto: Dorian Gaar

Die Tagung der Arbeitsgemeinschaft Alpenvorland-Quartär (AGAQ) fand auf Einladung von Paul Herbst (GWU Salzburg) 2012 in Seeham am Obertrumer See im salzburgischen Flachgau statt. Die Exkursionen im Rahmen der Tagung führten ins Gebiet des bayerisch-österreichischen Salzachvorlandgletschers. Das Treffen begann am Freitagnachmittag mit einer Arbeitssitzung, die Kurzberichten über laufende Forschungsarbeiten gewidmet war.

Die präsentierten Forschungsberichte aus dem Quartär Baden-Württembergs, Bayerns und Österreichs wurden ausführlich diskutiert. Dietrich Ellwanger und Ulrike Wielandt-Schuster erläuterten die stratigraphischen Ansätze des Baden-Württembergischen Quartär-Gliederungssystems und dessen Umsetzung im Symbolschlüssel Geologie und in das LithoLex. Lukas Bickel zeigte den aktuellen Stand seiner Doktorarbeit im Rahmen eines FWF-Projekts an der Universität für Bodenkultur Wien und berichtete über neue Lumineszenzdatierungen an fluvialen und glaziofluvialen Sedimenten des nördlichen österreichischen Alpenvorlandes. Bernhard Lempe fasste zum Abschluss der Kartierarbeiten auf Blatt Nr. 8027 Memmingen seine Ergebnisse aus mehreren Jahren Geländearbeit zusammen. Martin Herz trug neue Ergebnisse zu einem bisher unbekannten Interglazialvorkommen im Graben E Höhenmoos (8139 Stephanskirchen) vor. Dessen zeitliche Einstufung zwischen Eem und Holstein wird weiter untersucht. Roland Zech berichtete von neuen Ansätzen zur Klärung von Paläotemperaturen und Bodenbildungen. Er setzt sich kritisch mit den ersten Ergebnissen von Lipid-Biomarkeranalysen an würmzeitlichen Löss-Paläobodensequenzen bei Bobingen auseinander.

Am Samstag führte Paul Herbst mit Unterstützung durch Hermann Jerz, Gerhard Doppler, Johannes Wallner, Dirk van Husen, Christian Schlüchter, Ulrich Blaha und Markus Fiebig die Exkursion durch die quartären Ablagerungen und die Landschaftsformen des Salzachvorlandgletscher-Gebietes. Der zu Beginn besuchte Aussichtspunkt auf dem Haunsberg (Flysch und Helvetikum) erlaubte bei Traumwetter einen guten Überblick über die Beckenlandschaft des pleistozänen Salzach- und Saalachgletschers. Der folgende Haltepunkt bei Laufen beschäftigte sich anhand neuer Lumineszenzdatierungen mit der Einstufung des altbekannten Laufenschotters. Bei Neusillersdorf wurden die Ergebnisse einer von verschiedenen Institutionen bearbeiteten Forschungsbohrung des Bayerischen Landesamts für Umwelt (BayLfU) vorgestellt. Mächtige Beckenablagerungen sind unter würmzeitlich drumlinisierten Schottern durchteuft worden. In der Kiesgrube Schiffmonig wurden die Einstufung und Schottergliederung im Bereich der jungen Salzachterrassen im Spiegel neuer Lumineszenz-Datierungen diskutiert. Die Entwicklung des Taleinschnitts und des darin gelegenen kleinen Sees waren Gegenstand der Erläuterungen beim Kloster Höglwörth. Den Abschluss bildete ein Besuch der Nagelfluh von Anger. Unterhalb des malerisch auf einem langgezogenen Konglomeratrücken gelegenen Dorfes ging es um neuere Versuche, zu einer stratigraphischen Einstufung zu gelangen.

Die AGAQ 2012 stand unter einem guten Stern: bestes Wetter, hervorragende Bergsicht und spannende Geologie stellten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zufrieden.

Am Sonntagvormittag wurde das Wallerseebecken als eines der Zweigbecken des Salzachgletschers vorgestellt. Im Vergleich zum Salzburger Stammbecken liegt das Wallerseebecken, wie auch das Trumer Becken, um einige Zehnermeter höher innerhalb des Flysch-Untergrundes. Die Verfüllungsgeschichte des Zweigbeckens wurde im Detail vorgestellt. Zusätzlich wies Paul Herbst auf die „angewandt-geologischen Eigenschaften“ der quartären Abfolgen hin. So sind z. B. die Wallerseekonglomerate einer der wichtigsten nutzbaren Aquifere im Salzburger Flachgau. Ebenso wurden „Tücken“ der Bebauung der Verlandungszone des Wallersees (Torfe, Seekreide und Seetone) angesprochen. Für Eisrandsedimente SW Seekirchen am Wallersee erbrachten OSL-Datierungen ein überraschend hohes Alter.

Den Abschluss der AGAQ 2012 bildete ein Besuch im Teufelsgraben bei Seeham. Neben einer Einführung in die tektonische Entwicklung des präquartären Untergrundes durch Ulrich Blaha (BayLfU) wurde eine auf historischem Standort wiedererrichtete Kugelmühle besucht.

Die nächste Möglichkeit für eine Führung durch den Salzach-Vorlandgletscher gibt es auf einer Exkursion mit Paul Herbst und Markus Fiebig im Rahmen der im September 2012 in Salzburg stattfindenden Pangeo 2012 (http://pangeo.sbg.ac.at/).

Für die geplante AGAQ-Tagung 2013 steht der Ort noch nicht fest. Er wird vermutlich erst um die Jahreswende 2012/2013 auf der Homepage der AGAQ bekannt gegeben (www.baunat.boku.ac.at/agaq).

Markus Fiebig (Wien), Paul Herbst (Salzburg) & Gerhard Doppler (München)

Kurzbericht zur gemeinsamen Jahrestagung 2012 des Arbeitskreises Geoarchäologie und der Arbeitsgruppe Paläopedologie in Leipzig

Gruppenfoto der gemeinsamen Tagung (Foto: C. Tinapp)
Gruppenfoto der gemeinsamen Tagung (Foto: C. Tinapp)

Auf Einladung von Dr. Christian Tinapp und Prof. Dr. Christoph Zielhofer, Institut für Geographie der Universität Leipzig, fand die 2. gemeinsame Jahrestagung des Arbeitskreises Geoarchäologie und der Arbeitsgruppe Paläopedologie vom 17.05. bis 20.05.2012 in Leipzig statt. Die Jahrestagung stand unter dem Motto „Bodenarchive im geoarchäologischen Kontext“ und wurde in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Archäologie Sachsen durchgeführt. Einschließlich der zwei eintägigen Exkursionen in die Bergbaufolgelandschaften Mitteldeutschlands (unter Leitung von Frank Junge) sowie in das nordwestsächsische Lössland mit seiner kontinuierlichen Besiedlungsgeschichte seit dem Neolithikum (unter Leitung von Tobias Lauer, Susann Müller, Hans von Suchodoletz, Harald Stäuble, Christian Tinapp und Christoph Zielhofer) fanden sich insgesamt rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Präsentation und Diskussion von 28 Vorträgen und 40 Posterbeiträgen zusammen. Das Vortragsprogramm lässt sich in vier Blöcke gliedern. Der erste Block „Bodenarchive im geoarchäologischen Kontext“ war mit 11 Vorträgen dem Motto der Tagung gewidmet. Der zweite Vortragsblock „Mediterranraum/Levante“ beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit verzahnten archäologischen und geomorphologischen Archiven zur Siedlungs- und Umweltgeschichte im ostmediterranen Raum. Der dritte Vortragsblock „Methoden der Paläopedologie und Geoarchäologie“ beschäftigte sich mit innovativen methodischen Ansätzen, u.a. mit Biomarkern und spektroskopischen Verfahren. Der vierte Vortragsblock konzentrierte sich auf Beiträge aus der Paläopedologie.

Das umfassende Vortrags- und Posterprogramm bezeugte das sehr große Interesse am Motto der Tagung und veranschaulichte die vielseitigen und interdisziplinären Arbeitsweisen in der modernen geoarchäologischen, archäologischen und paläopedologischen Wissenschaft in Deutschland. Besonders hervorzuheben ist, dass rund drei Viertel der anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Gruppe der Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler kam.

Die Jahrestagung 2013 des Arbeitskreises Geoarchäologie wird vom 2. bis 4. Mai 2013 auf Einladung der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thomas Raab von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU), sowie dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum (BLDAM) und dem Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) des Landes Brandenburg ausgerichtet.

Die Arbeitsgruppe Paläopedologie tagt vom 9. bis 11.Mai 2013 im Umland Müritz und Müritz-Nationalpark mit Fokus auf paläopedologischen und paläohydrologischen Arbeiten des GFZ Potsdam und der Uni Greifswald unter der Leitung von Dr. Knut Kaiser, Potsdam.

Katleen Deckers, Markus Fuchs, Birgit Terhorst, Heinrich Thiemeyer, Christian Tinapp & Christoph Zielhofer

Datierung der initialen Bildung des grönländischen Eises

Christine Thiel (rechts) gemeinsam mit den Bohrtechnikern Simon Sheldon (links) und Trevor Popp (Mitte) nach erfolgreicher Probenahme im Drill Trench, NEEM-Camp, Grönland. Foto: A. Schmidt
Christine Thiel (rechts) gemeinsam mit den Bohrtechnikern Simon Sheldon (links) und Trevor Popp (Mitte) nach erfolgreicher Probenahme im Drill Trench, NEEM-Camp, Grönland. Foto: A. Schmidt

In Rahmen eines über 24 Monate laufenden, von der DFG geförderten Postdoc-Auslandstipendiums (TH 1651/1-1; Gastgeber: Nordic Laboratory for Luminescence Dating, Aarhus Universität, und Centre for Nuclear Technologies, DTU Risø Campus, Dänemark), wird mittels optisch stimulierter Lumineszenz der Zeitpunkt bestimmt, wann Grönland zum letzten Mal eisfrei war. Derartige Informationen sind von sehr großer Bedeutung für die Verifizierung von Klimamodellen sowie für wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit molekularen Fossilien am Boden des Eises befassen. Auch wenn das basale Eis selbst nicht datierbar sein mag, so können im Prinzip Mineralkörner, die bei der einsetzenden Eisbildung eingebettet wurden, mit Hilfe von Lumineszenz datiert werden.

In der Anfangsphase des seit September 2011 laufenden Projektes wurde die Anwendbarkeit neu entdeckter Lumineszenzsignale (v.a. post-IR IRSL) einzelner Feldspatkörner (Sandfraktion) für verschiedene Sedimentsysteme getestet und weiterentwickelt. Eine große Herausforderung stellt die Bestimmung der Dosisleistung auf Einzelkornbasis dar, da diese im Eis ausschließlich von der chemischen Beschaffenheit eines jeden einzelnen Sandkorns abhängt (externe Strahlung ist nicht vorhanden). Um zuverlässige Ergebnisse zu erhalten, müssen zahlreiche Methoden wie LA-ICP-MS, Rasterelektronen und μ-XRF für Vergleichsanalysen herangezogen werden.

Die Arbeiten finden in enger Zusammenarbeit mit dem Centre for Ice and Climate, Niels Bohr Institut, Universität Kopenhagen statt. Aufgrund dieser Kooperation wurde im Juni 2012 im NEEM-Camp (www.neem.dk) erstmalig basales Eis unter streng kontrollierten Rotlichtbedingungen entnommen, so dass keinerlei Verlust des Lumineszenzsignals zu befürchten ist. Die vor Ort im Drill Trench durchgeführten Licht-Expositions-Experimente ermöglichen es, potentielle Signalverluste in basalem Eis von älteren Bohrungen (z. B. Camp Century, NGRIP) zu quantifizieren, so dass auch Altersabschätzungen für diese Eiskerne möglich sein werden.

Christine Thiel (Risø, Dänemark)

Subkommission Quartär – Sitzung in Illmensee-Höchsten

Sedimentabfolge der Dietmanns-Formation in der Kiesgrube Bittelschieß (zwischen Krauchenwies und Bittelschieß) Foto: C. Hoselmann
Sedimentabfolge der Dietmanns-Formation in der Kiesgrube Bittelschieß (zwischen Krauchenwies und Bittelschieß) Foto: C. Hoselmann

Mitte Mai 2012 hat sich die Subkommission Quartär (SKQ) der Deutschen Stratigraphischen Kommission zu ihrer jährlichen Sitzung getroffen. Die Veranstaltung fand dieses Mal auf dem Höchsten (Gemeinde Illmensee, Baden-Württemberg) statt und wurde von Ulrike Wielandt-Schuster und Dietrich Ellwanger (beide Freiburg) organisiert. Zur Sitzung kamen 19 ordentliche und korrespondierende Mitglieder der SKQ sowie sieben Gäste. Die Sitzung wurde vom Vorsitzenden der SKQ Felix Bittmann (Wilhelmshaven) geleitet.

In der Einführung in die Quartärgeologie des Rheingletschergebiets fasst Herr Ellwanger das lithostratigraphische Konzept der Region zusammen (vgl. Gmit 45). Ausgang der Gliederung ist die Übertiefung der randalpinen Landschaft. Glaziale Haupteinheiten sind drei „unconformity-bounded units“, deren untere Grenzflächen jeweils mit subglazialer Übertiefung verknüpft sind. Diese lithostratigraphischen Einheiten (Dietmanns-Formation, Illmensee-Formation, Hasenweiler-Formation) sind im Glazial-Interglazial-Takt phasenverschoben im Vergleich zu den chronostratigraphischen Eiszeit-Stufen (Hoßkirch, Riss, Würm).

Neueste Ergebnisse von Forschungsaktivitäten zur Quartärstratigraphie werden in verschiedenen Kurzberichten vorgestellt. Über die Quartärstratigraphie in Bayern berichtet Ernst Krömer (Hof) in seinem Vortrag. Schwerpunkt seiner Betrachtungen sind Beispiele zur Terrassenstratigraphie aus der proximalen Iller-Lech-Platte sowie der distalen Terrassenstratigraphie im Donau-Isar-Hügelland. Frank Preusser (Stockholm) berichtet in Vertretung für Hans Rudolf Graf (Gächlingen, Schweiz) über die Stratigraphie der glazifluvialen Schotter der Nordschweiz. In einem weiteren Beitrag informiert Herr Preusser über den Antrag „Drilling Overdeepened Alpine Valleys“, der von Projektpartnern in der Schweiz, Slowenien, Deutschland, Schweden, Italien und Österreich bei ICDP eingereicht worden ist. Nach Bewilligung sollen in einem ersten Workshop in 2013 etwa 10 bis 20 Bohrungen vorbereitet werden. Einige Fragestellungen des Projektantrags beziehen sich auf die Vergletscherungsgeschichte, Paläoklimarekonstruktion, Verteilung und Geometrie der übertieften alpinen Täler sowie zukünftige Übertiefungen. Über „Micromorphology as a tool in Stratigraphic Interpretation“ berichtet John Menzies (St. Catherines, Kanada) in seinem Vortrag. Die Untersuchungsergebnisse beziehen sich auf das Profil Lichtenegg (Oberschwaben) sowie auf die Forschungsbohrungen Heidelberg und Ludwigshafen im Heidelberger Becken. Stefan Wansa (Halle/Saale) stellt in einem Beitrag verschiedene Gliederungen der Weichsel-Kaltzeit vor, da derzeit der Symbolschlüssel Geologie bei einigen Staatlichen Geologischen Diensten überarbeitet wird. Ziel ist eine Vereinheitlichung der Nomenklatur der Chrono- und Klimatostratigraphie. Ein Bericht zum Thema „Hochauflösende Korngrößenanalytik und Aminosäuren-Geochronologie als moderne Werkzeuge für quartärstratigraphische Fragestellungen“ erfolgt durch Björn Machalett (Berlin). Andreas Schwab und Stefan Maiershofer (beide PH Weingarten) stellen verschiedene virtuelle Lernmodule zum Thema Quartärgeologie für die Lehrerausbildung im Fach Physische Geographie vor. Die Lernmodule „Auf den Spuren der Eiszeiten“ stellen die chronostratigraphische Gliederung des Rheingletschergebiets (Hoßkirch, Riss, Würm) dar (www.oberschwaben-portal.de). Der letzte Vortrag des Tages beschäftigt sich mit dem Mensch-Umwelt-Verhältnis an der Wende Spätglazial/Frühholozän in Tirol. Dieter Schäfer (Innsbruck) stellt Ergebnisse der interdisziplinären Forschungen am mesolithischen Fundplatz Ullafelsen (Fotschertal, Österreich) vor (www.hochgebirgsarchaeologie.at).

Im Rahmen der Kommissionssitzung werden unter anderem die Stratigraphische Tabelle von Deutschland Kompakt, die Webseite der SKQ sowie der Stand des Lithostratigraphischen Lexikons (LithoLex) diskutiert. Insgesamt sind bisher 53 Begriffe definiert und in das LithoLex gestellt. Herr Wansa erläutert dazu die künftigen Schwerpunkte der Arbeiten am LithoLex. Die Mitglieder beschließen weiterhin die Gründung einer „Arbeitsgruppe Löss“, um in diesem Themenfeld zeitnah zu abgestimmten lithostratigraphischen Definitionen zu kommen.

Am zweiten Tag der Sitzung werden einige Schlüsselstellen der Quartärgeologie des Rheingletschergebietes besucht:

Dietrich Ellwanger (Freiburg) & Christian Hoselmann (Wiesbaden)

Abschiedsvorlesung von Prof. Dr. Christian Schlüchter, ehemaliger Präsident der DEUQUA

Der bartlose Christian Schlüchter am Tag nach seiner Abschiedsvorlesung. Foto: M. Böse
Der bartlose Christian Schlüchter am Tag nach seiner Abschiedsvorlesung. Foto: M. Böse

Am 12. Juni 2012 hielt Prof. Dr. Christian Schlüchter, Inhaber des Lehrstuhls für Quartär- und Umweltgeologie an der Universität Bern, seine Abschiedsvorlesung zu dem Thema: “…er ist weg; aber immer noch da…” (oder auf der Suche nach der Eiszeit). Diese Vorlesung fand im Rahmen eines Festaktes statt, zu dem sich ca. 400 Zuhörer in der großen Aula der Universität Bern eingefunden hatten. Dazu zählten Weggefährten aus der Wissenschaft, Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik und natürlich auch Studierende. Zunächst begrüßte Prof. Fritz Schlunegger die Gäste und stellte die Rahmendaten der wissenschaftlichen Karriere von Christian Schlüchter vor. Weitere Laudatoren waren Prof. Jim Rose mit einer Würdigung den Forschungsleistungen, Prof. Margot Böse berichtete über die Aktivitäten in der INQUA und DEUQUA und Silvio Tschudi würdigte die Tätigkeit als akademischer Lehrer. Sowohl die Laudationes als auch die Vorlesung sind als Video auf der Homepage von Christian Schlüchter unter www.geo.unibe.ch/schluechter/schluechter.php?PID=72830769 in voller Länge zu finden und durchaus sehens- und hörenswert.

Nach der teilweise heiteren, aber auch nachdenklich stimmenden Vorlesung ging es zu dem sog. Apéro Riche, einem Abendempfang, zu dem Christian Schlüchter dann mit einiger Verspätung erschien, denn er hatte sich nach der Vorlesung zum Erstaunen seiner Gäste seinen Bart abrasieren lassen.

Margot Böse (Berlin, Präsidentin der DEUQUA)

PALEOVAN – Ein Fenster in die Vergangenheit

Der Vielzahl von sehr guten, marinen Profilen stehen nur wenige kontinentale Archive gegenüber, die geeignet sind, die jüngere Erdgeschichte hochauflösend zu rekonstruieren. Ein solches Archiv ist der Van-See im Südosten Anatoliens (Türkei). Er ist der viertgrößte Terminal-See und liegt auf 1.647 m ü. M. auf dem Ostanatolischen Plateau nahe der Kollisionszone von Afro-Arabischer und Eurasiatischer Platte. Der max. Durchmesser des Van-Sees beträgt 130 km bei einer Wassertiefe von über 450 m. Das Seewasser ist alkalisch (pH ~ 9,8) mit einem Salzgehalt von ~ 2,14 %. Im Süden ist der See durch die Ausläufer des Bitlis-Massivs begrenzt. Die Vulkane Nemrut, Süphan und Tendürek prägen das West- und Nordufer des Sees. Klimatisch betrachtet liegt Ost-Anatolien heute im Einflussbereich von Nordatlantischer Oszillation (NAO), Sibirischen Hochdruckzellen und Ausläufern des Monsuns.

Unter der wissenschaftlichen Leitung von Thomas Litt (Bonn), Michael Sturm und Rolf Kipfer (Zürich), Sebastian Krastel-Gudegast (Kiel), Namik Cagatay (Istanbul) und Sefer Örcen (Van) begannen im Jahre 2004 Voruntersuchungen, deren Ergebnisse 2007 zu einem positiv beschiedenen Antrag für eine umfangreiche Bohrkampagne an das International Continental Scientific Drilling Program (ICDP) führten. Die Finanzierung des Projektes wurde durch den Tübitak, den SNF, die DFG und das ICDP sichergestellt. Die wichtigsten Ziele dieser Kampagne waren die Gewinnung von Sediment-Bohrkernen zur Untersuchung der Dynamik der Seespiegelschwankungen (Niederschläge/Evaporation) und der hydrogeologischen Entwicklung des Van-Sees, die zeitliche, räumliche und geochemische Entwicklung des Vulkanismus anhand zahlreicher Tephralagen, die Analyse der Edelgase aus dem Erdmantel und der kontinentalen Kruste und die Erforschung der Vegetations- und Klimageschichte anhand Palynofloren und anderer Biomarker.

Unter der technischen Leitung von DOSECC (Drilling, Observation and Sampling of the Earth's Continental Crust; Salt Lake City, USA) fand im Juli und August 2010 die Bohrkampagne in Anatolien statt. Dabei kam erstmalig ein neues Deep Lake Drilling System (DLDS) zum Einsatz (Abb. 1). Die Konstruktion dieser neuen Plattform war durch die große Wassertiefe des Van-Sees und die geplanten Bohrtiefen notwendig geworden. Im 'Northern Basin' (NB) und auf dem 'Ahlat Ridge' (AR) konnten in mehreren Parallel-Bohrungen insgesamt rund 800 m Bohrkerne gewonnen werden. Die Vollständigkeit der gewonnenen Sedimente liegt bei 91 % (AR) und 71 % (NB). Parallel zum Bohrfortschritt erfolgten petrophysikalische und geochemische Loggings ausgewählter Bohrlöcher sowie erste Untersuchungen an core-catcher-Proben.

Nach Ende der Kampagne wurden die Kerne nach Deutschland gebracht und im IODP-Bohrkernlager (BCR) an der Universität Bremen (MARUM) eingelagert. Dieses Institut bietet optimale technische und räumliche Voraussetzungen zur Bearbeitung von so vielen Bohrkernen (Öffnung, Bilddokumentation, Röntgenfluoreszenz (XRF), Kernbeschreibung und Probennahme). Die Präparation, Dokumentation und Probennahme fand im Frühjahr 2011 statt. Gleichzeitig wurde an den verschiedenen Kernen des 'Ahlat Ridges' ein lückenloses Kompositprofil (220 m Länge) festgelegt. Proben zur Analyse der Paläomagnetik, der Sedimentologie, der anorganischen Geochemie, der Konzentration von 'black carbon', der Palynoflora und weiterer Biomarker, der Isotopen und der Tephralagen wurden gezogen. Mittels Argon/Argon-Datierungen konnten Feldspäte aus diesen vulkanischen Schichten datiert werden. Zusammen mit den XRF-Daten und ersten Pollenanalysen zeigte sich, dass das Profil vom 'Ahlat Ridge' ca. 500.000 Jahre Erdgeschichte umfasst. Abschnitte mit jahreszeitlich laminierten Sedimenten (Abb. 2) einschl. höheren Anteilen wärmeliebender Florenelemente in der Palynoflora erlauben eine vorläufige Untergliederung in drei bis vier Interglazial-Zyklen (MIS 5, 7, 9 & 11 oder 13). Blaugraue, glaziale Sedimente (Abb. 2) zeichnen sich hingegen durch das Fehlen von Warven und die Dominanz von Steppen-Elementen in der Palynoflora aus. Die Porenwasser-Analysen sowie das Auftreten von Süßwasser-Mollusken an der Basis des AR-Kerns dokumentieren die Paläoökologie während der Initial-Phase des Van-Sees. Die Tephren (ca. 300 Lagen) in den Bohrkernen lassen sich zum Teil mit bereits datierten pyroklastischen Abfolgen an Land parallelisieren. Deformierte Sedimente und Seismoturbidite geben Hinweise auf die Erdbebengeschichte im seismisch extrem aktiven Anatolien. Vor dem Hintergrund des starken Bebens am 23. Oktober 2011 nördlich der Stadt Van gewinnt diese Fragestellung besondere Bedeutung. Bei einem Workshop im September 2011 wurden erste Untersuchungsergebnisse vorgestellt und weitere Kooperationen verabredet. Weiteres Ziel ist die hochauflösende Analyse des Ahlat Ridge-Bohrkerns im Vergleich mit den Kernen des Northern Basins und ausgewählten Profilen an Land.

Weitere Informationen: www.icdp-online.org und www.paleovan.info

Georg Heumann (Bonn) & PALEOVAN-Arbeitsgruppe

Abb. 1. Die neue DLDS-Plattform beim ersten Einsatz auf den Van-See. Foto: G. Heumann
Abb. 1. Die neue DLDS-Plattform beim ersten Einsatz auf den Van-See. Foto: G. Heumann
Abb. 2. Zwei Parallel-Kerne vom 'Ahlat Ridge' aus dem letzten Glazial (blaugraue Sedimente). Eingeschaltet sind rotbraune, gewarvte Sedimente eines Interstadials. Die schwarzen Sedimente sind vulkanische Aschen Foto: G. Heumann
Abb. 2. Zwei Parallel-Kerne vom 'Ahlat Ridge' aus dem letzten Glazial (blaugraue Sedimente). Eingeschaltet sind rotbraune, gewarvte Sedimente eines Interstadials. Die schwarzen Sedimente sind vulkanische Aschen Foto: G. Heumann

Die geowissenschaftliche Begleitung der Erdgaspipeline OPAL in Ostdeutschland

Mit der feierlichen Eröffnung der Ostseepipeline Nord-Stream im November 2011 durch Angela Merkel und Wladimir Medwedjew fand gleichzeitig, wenn auch weniger beachtet, die Inbetriebnahme der Erdgasfernleitung OPAL (Ostsee-Pipeline-Anbindungs-Leitung) statt. Sie bindet die Ostseepipeline in das bestehende Erdgasverbundnetz Europas ein. Die Bauarbeiten für die 470 km lange Leitung fanden 2010 und 2011 statt. Sie verläuft zwischen Greifswald an der Ostsee und Olbernhau im Erzgebirge (Abb. 1). Der Bau dieser Leitung wurde in den drei betroffenen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen intensiv geowissenschaftlich (geologisch und bodenkundlich) begleitet. Die ersten Ergebnisse können in den Brandenburgischen Geowissenschaftlichen Beiträgen (Heft 18/2011, 1/2) nachgelesen werden. Während in Sachsen großflächig Festgesteine an die Oberfläche treten, wurde der Aufschluss in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg überwiegend von quartären Ablagerungen geprägt.

Die OPAL wurde in einem offenen, max. 3,5 m tiefen Leitungsgraben verlegt (Abb. 2). Die Vorteile und Chancen der geowissenschaftlichen Begleitung liegen dabei auf der Hand. Der Aufschluss ermöglichte einen Einblick in die Lagerungsverhältnisse, der selbst mit einem dichten Bohrnetz so kaum möglich wäre. In Niederungsgebieten waren aufgrund der notwendigen Grundwasserabsenkung auch Sedimente aufgeschlossen, die unter Normalbedingungen nicht zugänglich sind.

Die geowissenschaftliche Begleitung wurde vom Bauträger, der Wingas GmbH in Kassel, sowohl finanziell als auch logistisch unterstützt. Die finanzielle Unterstützung kam drei Universitäten (TU Bergakademie Freiberg, TU Berlin und EMAU Greifswald) zugute. Die logistische Hilfe seitens der Wingas war für eine erfolgreiche Begleitung ebenfalls notwendig, da nur über den engen Kontakt zu den Bauleitern die Koordination der Geländearbeiten erfolgen konnte. Neben den Hochschulen waren auch die Mitarbeiter der geowissenschaftlichen Landesbehörden regelmäßig vor Ort, um die Profile aufzunehmen.

Alle am Projekt beteiligten Wissenschaftler arbeiteten unter einem enormen Zeitdruck und mit der Gewissheit, auch spektakuläre Aufschlüsse nur einmal zu Gesicht zu bekommen. Spätestens nach einer Woche, meist aber deutlich schneller, wurden die Gräben nach der Rohrverlegung wieder geschlossen. Oft musste innerhalb von Minuten entschieden werden, welche Aufschlüsse genauer aufgenommen und welche lediglich vom Grabenrand fotografiert werden. Für intensive Beprobungen blieb ebenfalls kaum Zeit. Es wurde versucht, pro Tag ein bis zwei Standardprofile detaillierter zu beschreiben und zu beproben. Dennoch konnten trotz der dünnen Personaldecke über 80 % des Grabenaufschlusses wissenschaftlich begutachtet werden.

Auch wenn im größten Teil des Trassenaufschlusses die nach dem bisherigen Kenntnisstand erwarteten Ablagerungen angetroffen wurden, so waren die Aufschlüsse, in Brandenburg z.B. der Stauchungsstrukturen bei Bad Freienwalde, beeindruckend und brachten deutlich detailliertere Erkenntnisse zur Genese der betreffenden Räume. Dennoch tauchte auch immer wieder Unerwartetes im Aufschluss auf. So scheint die Flussgeschichte der Spree bei Fürstenwalde komplexer zu sein als bisher angenommen. Auch das großflächige Vorkommen oberflächennaher tertiärer Ablagerungen in Südbrandenburg war in dieser Größenordnung nicht erwartet worden.

Olaf Juschus (Eberswalde)

Abb. 1. Der Verlauf der Erdgasleitung OPAL durch Ostdeutschland.
Abb. 1. Der Verlauf der Erdgasleitung OPAL durch Ostdeutschland.
Abb. 2. Verlegung des Rohres in den Leitungsgraben bei Fürstenwalde. Aufgeschlossen sind im Vordergrund humose gut geschichtete Flusssande der Spree. Im Hintergrund werden sie von grauen Urstromtalsanden/-kiesen unterlagert. Foto: O. Juschus
Abb. 2. Verlegung des Rohres in den Leitungsgraben bei Fürstenwalde. Aufgeschlossen sind im Vordergrund humose gut geschichtete Flusssande der Spree. Im Hintergrund werden sie von grauen Urstromtalsanden/-kiesen unterlagert. Foto: O. Juschus

Verbundforschungsprojekt „Georisiken im Klimawandel – Gefahrenhinweiskarte Jura“

Felsformationen im Altmühltal Foto: M. Becht
Felsformationen im Altmühltal Foto: M. Becht

Das Bayerische Landesamt für Umwelt führt mit Mitteln der Europäischen Union (Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung) und des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit ein neues Projekt zur Entwicklung von Gefahrenhinweiskarten im Schwäbisch-Fränkischen-Jura in Bayern durch. Dieses Projekt wird auch von Bayerischen Universitäten unterstützt, und zwar von der Physischen Geographie in Würzburg (Birgit Terhorst), der Angewandten Geologie in Erlangen (Joachim Rohn) und der Physischen Geographie in Eichstätt (Michael Becht).

In den vergangenen Jahren wurden vergleichbare Arbeiten für den Bayerischen Alpenraum durchgeführt, so dass dort bereits eine gute Datenbasis geschaffen werden konnte, die im digitalen GEORISK-Informationssystem des Bayerischen Landesamts für Umwelt für Nutzer bereitgehalten wird. Darin enthalten sind neben zahlreichen Geländebefunden auch umfangreiche historische Daten, die in früheren Projekten erhoben wurden. Durch die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten wird derzeit zunächst für den Alpenraum eine wichtige Planungsgrundlage für Bürger und Gemeinden geschaffen.

Neben dem Alpenraum treten vor allem in den engen Tälern und an den steilen Felswänden der Juraschichtstufe wiederholt Felsstürze und Rutschungen auf, die zu einer Bedrohung der Verkehrswege oder auch von Siedlungen führen können. Es soll daher mit diesem Projekt die Datengrundlage über die Verbreitung von Gefahrenprozessen entscheidend verbessert werden, um Schutzmaßnahmen gezielter konzipieren zu können und Gefährdungsbereiche frühzeitig in Planungen einzubeziehen. Neben Rutschungen, Steinschlag und Felsstürzen sollen auch Muren und Dolinen nach Lage, Ausdehnung und Formungsdynamik aufgenommen werden.

Die universitären Arbeitsgruppen werden in den kommenden Jahren (Projektlaufzeit 2011 – 2015) detaillierte Geländeuntersuchungen an gefährdeten Standorten in ausgewählten Bereichen des Schwäbisch-Fränkischen-Jura vornehmen und die Ergebnisse in das GEORISK-Informationssystem einspeisen. Eine gezielte Vorgehensweise wird durch umfangreiche Archivarbeiten zur Erstellung einer Datenbasis über historische Naturgefahrenereignisse im Untersuchungsgebiet ermöglicht. Ein erstes Pilotprojekt erbrachte im Jahr 2010 den Nachweis, dass auch in den Archiven des Juragebietes zahlreiche Belege über Naturgefahren aufzufinden waren. Geländedaten und historische Daten bilden dann die Grundlage für die Ausarbeitung der Gefahrenhinweiskarte.

Michael Becht (Eichstätt), Joachim Rohn (Erlangen) und Birgit Terhorst (Würzburg)

E&G Quaternary Science Journal – Jahrgang 2011 komplett

Cover E&G Quaternary Science Journal Band 60/1
Cover E&G Quaternary Science Journal Band 60/1

Im Jahr 2011 sind wieder vier Bände unseres Journals E&G Quaternary Science Journal erschienen, die in diesem Jahr vor allem thematischen Schwerpunkten gewidmet waren. Nach dem umfangreichen Lössband, der zu Beginn des Jahres erschien, folgte pünktlich zum XVIII INQUA Kongress in Bern ein Doppelband unter der Gastherausgeberschaft von Margot Böse (Berlin) und Markus Fiebig (Wien). Acht Artikel, teils als Übersichtsartikel angelegt, teils mit einem regionalen Schwerpunkt drehen sich allesamt um den Themenkomplex „Glacial and Periglacial Features in Central Europe“. Der erste Teil des Bandes ist hierbei vor allem dem nördlichen Vereisungsgebiet gewidmet, der zweite Teil hat seinen Schwerpunkt im südlichen Vereisungsgebiet mit Beiträgen aus der Schweiz, Österreich und Süddeutschland.

Der Band 60/4 bildet den Abschluss des Jahres 2011 und umfasst sieben Beiträge, die auf der DEUQUA-Tagung in Greifswald präsentiert wurden. Die Beiträge spiegeln hierbei in anschaulicher Weise die Themenvielfalt der Tagung wider und spannen ein Netz von der Terrassenstratigraphie am Lech im Süden über Esker und Stauchendmoränen in Norddeutschland bzw. Weißrussland bis zu mittelweichselzeitlichen Interglazialablagerungen in Finnland auf, um nur einige der Artikel zu nennen.

DEUQUA-Mitglieder haben die Hefte schon als gedruckte Exemplare erhalten. Die Artikel sind aber auch für alle anderen Quartärinteressierten unter quaternary-science.publiss.net/issues verfügbar.

Im Juni wird dann der erste von zwei neuen Bänden E&G Quaternary Science Journal in 2012 erscheinen. Diejenigen, die es nicht abwarten können, sind jetzt schon herzlich eingeladen, die bislang fertigen neuen Artikel auf oben angeführter Seite anzuschauen.

Holger Freund (Oldenburg/Wilhelmshaven)

Nachruf auf Aleksis Dreimanis

Aleksis Dreimanis in Beckedorf 1980. Foto: Jürgen Ehlers
Aleksis Dreimanis in Beckedorf 1980. Foto: Jürgen Ehlers

Die DEUQUA nimmt Abschied von dem Penck-Medaillen-Träger Aleksis Dreimanis, der im Juli 2011 kurz von seinem 97. Geburtstag verstarb. Aleksis Dreimanis war ein außergewöhnlicher Quartär- und Glazialforscher: geboren in Lettland, verbrachte er drei Jahre während des 1. Weltkrieges als Kind mit seinen Eltern in Russland. Zurück in Lettland interessierte er sich schon früh für die Aufschlüsse am Daugava-Fluss; sein Studium der Geologie war seinen vielfältigen Interessen folgend breit angelegt, er befasste sich auch mit Malakologie, Palynologie und Archäologie. Eine frühe, aber auch später noch viel Beachtung findenden Publikation von 1939 mit dem Titel: „Eine neue Methode der quantitativen Geschiebeforschung“ publizierte er auf Deutsch in der Zeitschrift für Geschiebeforschung.

Bahnbrechend und grundlegend für die Wissenschaft waren seine Verknüpfung von Glazitektonik, charakteristischen Eigenschaften des Tills und Stratigraphie. Nach den Kriegswirren im 2. Weltkrieg kam er nach Deutschland, wo er nach seiner Gefangenschaft auch seine Familie wieder traf. Nach kurzer Lehrtätigkeit in Hamburg und Pinneberg emigrierte er 1948 nach Kanada, wo er seit Mitter der 50iger Jahre an der Western University of Ontario tätig war. Er erzählte mir einmal, dass die großen Seen in Kanada mit ihren aus glazialen Sedimenten aufgebauten Kliffküsten ihm Studien ermöglichten, wie er sie zuvor von den Steilküsten der Ostsee her kannte. Seine Expertise wurde nicht nur an der Universität als Universitätslehrer geschätzt, sondern auch von anderen kanadischen geologischen Institutionen in Anspruch genommen. Von Kanada aus hatte er nach wie vor enge Verbindungen zu Lettland und dem gesamten Peribaltischen Raum. Uns ist er vor allem durch seine Tätigkeit in der INQUA bekannt und in Erinnerung. Mit großer Leidenschaft leitete er ab 1973 über viele Jahre die INQUA-Commission on Genensis and Lithology of Glacial Deposits. Seine eingängige Abbildung zur „Genetic classification of tills“ hat vielfach Eingang gefunden in Publikationen und Lehrbücher. – Nicht zuletzt aufgrund seiner umfangreichen Sprachkenntnisse war Aleksis Dreimanis ein Wissenschaftler, der auch zu Zeiten des Kalten Krieges Kontakt hielt zu Wissenschaftlern in Ost und West. Er war oft in Europa unterwegs und hat zahlreiche Exkursionen mit seinen konstruktiven Diskussionsbeiträgen bereichert. Seine Kontaktfreudigkeit führte zu vielen interessanten Briefwechseln und mit seinem Engagement nach der Unabhängigkeit der Baltischen Republiken hat er auch etlichen jungen Wissenschaftlern bei ihrem Weg in die internationale Wissenschaftlergemeinschaft geholfen. Wir werden diesem großartigen wissenschaftlichen Vordenker in der Glazialforschung und menschlich so offenen Kollegen ein ehrendes Andenken bewahren.

Margot Böse (Berlin)

Eine neue Geologische Karte 1 : 25.000 aus Hamburg

Prüfung einer Korrekturfahne durch die Bearbeiter im Geologischen Landesamt Hamburg. Foto: Geologisches Landesamt Hamburg
Prüfung einer Korrekturfahne durch die Bearbeiter im Geologischen Landesamt Hamburg. Foto: Geologisches Landesamt Hamburg

Ehlers, J. et al.: Geologische Karte von Hamburg 1:25 000, Blatt 2326 Fuhlsbüttel mit Erläuterungen. – 129 S., 59 Abb., 6 Tab., 7 Kt. Hamburg (Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Geologisches Landesamt) 2011

ISBN-13: 978-3-9810981-7-4

Preis: 29,00 €

Erhältlich über GLA@bsu.hamburg.de

 

Das Geologische Landesamt Hamburg hat nach längerer Unterbrechung eine neue Geologische Karte 1 : 25.000 veröffentlicht, das Blatt 2326 Fuhlsbüttel. Eine erste Kartierung des Blattes 2326 erfolgte vor rund hundert Jahren. Das zu der Zeit noch „Bergstedt“ genannte Blatt der Geologischen Karte von Preußen und benachbarten Bundesstaaten wurde vor dem Ersten Weltkrieg von der damaligen Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt herausgegeben und vertrieben. W. Wolff hatte das Blatt in den Jahren 1904 – 1905 kartiert; es wurde zusammen mit dem Erläuterungsband 1913 veröffentlicht.

Nach der Neukartierung der Geologischen Karte von Hamburg 1 : 25.000, Blätter 2525 Harburg (1987), 2527 Bergedorf (1991), 2526 Allermöhe (1993), 2425 Hamburg (1995) und 2426 Wandsbek (2003) wird mit der Veröffentlichung des Blattes 2326 Fuhlsbüttel die Dokumentation des derzeitigen Kenntnisstands auf der Grundlage dieses Maßstabs fortgesetzt. In den vergangenen hundert Jahren ist das Wissen über Hamburgs Untergrund enorm erweitert worden. Für den Entwurf der Karte standen im Archiv des Geologischen Landesamtes die Schichtenverzeichnisse von über 32.000 Bohrungen zur Verfügung. All diese Bohrungen konnten mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung ausgewertet werden. Zum ersten Mal war es darüber hinaus möglich, auch den umfangreichen Erläuterungsband vollständig in Farbe zu drucken.

Das Gebiet des Blattes Fuhlsbüttel liegt vollständig im Bereich der Geest. Ein nicht nur morphologisch prägendes Element ist der sich von Nordosten nach Südwesten diagonal durch das Blattgebiet ziehende Flusslauf der Alster. Neben den Ausführungen zur Geologie, Hydrogeologie und zum Boden dieser eiszeitlich geprägten Region rundet ein Abriss zur Ur- und Frühgeschichte die Beschreibung dieses Raumes ab.

Der Geologischen Grundkarte sind mehrere Themen- und Spezialkarten beigefügt. Insgesamt besteht die Geologische Karte von Hamburg, Blatt 2326 Fuhlsbüttel, aus sieben Einzelkarten:

Erstmalig stellt das Geologische Landesamt Karten und Erläuterungsband zusätzlich als PDF-Dateien zum freien Download zur Verfügung (www.geologie.hamburg.de). Das Geologische Landesamt erhofft sich dadurch eine größere Verbreitung der Karte zum Nutzen aller an der Geologie Interessierten.

Im nächsten Jahr soll die Geologische Karte 1 : 25.000 Blatt 2426 Wandsbek in gleicher Weise publiziert werden. Eine moderne Version dieser Karte steht bisher nur als CD zur Verfügung.

Umwelt – Mensch – Georisiken im Quartär 36. Hauptversammlung der Deutschen Quartärvereinigung DEUQUA e.V.

Die Tagung findet vom 16. bis 20. September 2012 an der Universität Bayreuth statt (Vorexkursion: 15.-16.9.12; Nachexkursion: 21.-23.9.12). Das Rahmenthema lautet „Mensch – Umwelt – Georisiken im Quartär“. Ausrichter ist der Lehrstuhl Geomorphologie in Kooperation mit BayCEER (www.bayceer.uni-bayreuth.de).

Bayreuth und seine nähere Umgebung sind für einzigartige Vorkommen aus früheren geologischen Epochen bekannt. Vor diesem Hintergrund ist die Landschaftsentwicklung unseres Raumes besonderes Anliegen. Der Lehrstuhl hat insbesondere im letzten Jahrzehnt der Quartärforschung inhaltlich und methodisch hohe Priorität verliehen und sich stark mit der internationalen Quartärforschung vernetzt. Die Mitarbeiter des, die mit innovativen Methoden quartärwissenschaftliche Themen in großer Breite bearbeiten, freuen sich darauf, mit der Ausrichtung der Tagung neue Akzente zu setzen. Dazu dienen Sitzungen zu den unten genannten Schwerpunktthemen sowie freie Themen.

Neben mehreren eintägigen Exkursionen in die Umgebung werden in einer 2-tägigen Vorexkursion zu neuen „Highlights“ aus dem Quartär Ostbayerns sowie in einer 3-tägigen Nachexkursion nach Tschechien bisher weniger bekannte Erkenntnisse und Fragestellungen präsentiert, wie Morphotektonik und Neotektonik im Westteil der Böhmischen Masse, Neovulkanismus einschließlich quartärem Vulkanismus, Lössstratigraphie und jungpleistozäne Umwelt, holozäne Klimageschichte und Extremereignisse.

Schwerpunktthemen (Stand 13. Januar, 2012)
·         Fortschritte der Quartärstratigraphie
·         Löss & terrestrische Archive
·         Endogene Prozesse (Neotektonik & Vulkanismus)
·         Steinzeitliche Menschen und Umweltwandel
·         Quartäre Landschaftsentwicklung - ein Schlüssel zum Verständnis aktueller  Georisiken

Ort: Campus der Universität Bayreuth, Gebäude Geowissenschaften I+II

Kontakt & Adresse:

DEUQUA 2012

c/o Lehrstuhl Geomorphologie

Geographisches Institut

Universität Bayreuth

95440 Bayreuth

Telefax: ++49 (0)921 / 552314

Vorläufiges Tagungsprogramm

15.-16.9.12     Vorexkursion

  •  (A) Neue Highlights aus dem Quartär Ostbayerns – Deckschichten, Auensedimente, Moore, Tektonik im Löss (Leitung: Völkel/Leopold/Niemeyer/Raab) ab Regensburg

16.9.2012     15:00 h Stadtführung (Neptunbrunnen am Hauptmarkt); ab 18:00 h Icebreaker in der Paläobotanischen Sammlung Rossmann (Uni Campus)

17.9.2012      9:00 h Eröffnung, Vorträge, Posterpräsentationen Teil 1

                      18:30 h Öffentlicher Abendvortrag

18.9.2012      8:30 h Vorträge, Posterpräsentationen Teil 2

              19:00 Uhr Gemeinsames Abendessen in einer traditionellen Kleinbrauerei mit Fränkischem Kabarett

19.9.2012      8:30 h Vorträge, Posterpräsentationen Teil 3

              17:00 h Mitgliederversammlung & Stadtführung für Nichtmitglieder

20.9.12            8:00 Tagesexkursionen

  • (B) Europäische Wasserscheide, Flussgeschichte, Bruchsschollenzone, Trebgasttal
  •  (C) Mit der "Eiszeit" ins Quartär und den "Dinos" zu den Anfängen Europas - der Geopark Bayern-Böhmen
  •  (D) Steinzeit auf der Frankenalb
  •  (E) Geologische Highlights Oberfrankens
  •  (F) Flussgeschichte des Ober- und Mittelmains

21.-23.9.2012 Nachexkursion

  • (G) Tschechien (Neotektonik, Neovulkanismus, Holozän, Löss; Leitung: Cílek/Lisa/Peterek/Zöller).

Anmeldungen von Vortrags- und Posterbeiträgen (mit Kurzfassung) werden bis zum 01.06.2012 erbeten. Das Organisationskomitee behält sich vor, Vortragsanmeldungen in die Postersession zu verschieben.

Verbindliche Anmeldung zur Tagung bis 01.07.12.

Nähere Informationen zu den Exkursionen, den Schwerpunktthemen und dem aktuellen Tagungsprogramm, sowie online Anmeldung unter www.bayceer.uni-bayreuth.de/deuqua2012

Ludwig Zöller (Bayreuth)

Mitteilungen des DEUQUA-Vorstands

Der Vorstand der DEUQUA hat sich im November zu einer Sitzung in Berlin getroffen. Der Schwerpunkt des Treffens war wiederum die Weiterentwicklung von Eiszeitalter und Gegenwart (E&G Quaternary Science Journal), der wissenschaftlichen Zeitschrift der DEUQUA. 2011 sind vier Hefte mit insgesamt knapp 500 Seiten gedruckt und verschickt worden. Die Layout-, Druck- und Versandkosten ermöglichen ab 2012 zwei Hefte pro Jahr, die im Juni und Dezember ausgeliefert werden sollen. Neben der gedruckten Ausgabe sind sämtliche Hefte ab Vol. 1 aus dem Jahr 1951 auch kostenfrei online als PDF erhältlich. Nach Freischaltung der Internetseite quaternary-science.publiss.net im September 2010 hat die Seite einen regen Zulauf erhalten und insgesamt wurden gut 87.000 Artikel heruntergeladen. Artikel, die das Begutachtungsverfahren positiv durchlaufen haben und durch unseren Verlag Geozon redaktionell bearbeitet wurden, werden vorab online veröffentlicht. Da diese Angebote, wie auch die Internetseite der DEUQUA erhebliche Kosten verursachen, ist eine positive Entwicklung bei den Mitgliederzahlen der DEUQUA notwendig. Weiterhin soll das Editorial Board von Eiszeitalter und Gegenwart durch die Erweiterung um sechs Associate Editors ergänzt werden. Die ‚Associate Editors‘ sollen die verschiedenen Forschungsschwerpunkte im Quartär abdecken. Das Advisory Board soll außerdem erweitert werden.

Zur INQUA 2011 in Bern wurde für die Deutschlandexkursion unter der Federführung von Daniela Sauer ein Exkursionsführer herausgegeben. Der Band „From the northern ice shield to the Alpine glaciations – A Quaternary field trip through Germany“ kann unter www.deuqua.org/publikationen/exkursionsführer als Druckausgabe zum Preis von 29,- € bestellt oder kostenfrei als PDF heruntergeladen werden. Dort ist auch der Exkursionsführer der DEUQUA-Tagung in Greifswald erhältlich.

Die DEUQUA-Tagung 2012 wird, organisiert von Ludwig Zöller und seinem Team, unter dem Rahmenthema „Mensch – Umwelt – Georisiken im Quartär“ vom 16.-19.9.2012 in Bayreuth stattfinden. Zusätzlich werden verschiedene Vor- und Nachexkursionen angeboten.

Die DEUQUA beteiligt sich unter der Leitung von Margot Böse & Ralf-Otto Niedermeyer mit einer Sitzung zum Thema „Das Quartär: Klima, Sedimente, Mensch“ an der GeoHannover 2012, die vom 1.-3. Oktober 2012 stattfindet. Weitere Informationen zu dieser Tagung sind unter www.geohannover-2012.de zu finden.

Der DEUQUA-Vorstand wünscht sich weiterhin kurze Beiträge zu interessanten Projekten im Quartär, die auf den Seiten der DEUQUA in Gmit veröffentlicht werden können. Die Texte bitte den Redakteuren der DEUQUA – Kontaktdaten unter dem Punkt ‚Adressen‘ in Gmit – senden.

Christian Hoselmann (Wiesbaden)

Subkommission Quartär – Sitzung in Halle/Saale

Ende Oktober 2011 hat sich die Subkommission Quartär (SKQ) der Deutschen Stratigraphischen Kommission (DSK) zu seiner zweiten Jahressitzung in Halle/Saale getroffen. Zu dieser Sitzung wurden sämtliche alten und neu gewählten ordentlichen Mitglieder der Subkommission Quartär sowie Vertreter der AG Lithostratigraphie des Periglazialraumes eingeladen. Die Sitzung wurde vom Vorsitzenden der SKQ Stefan Wansa (Halle/Saale) geleitet.

Diskutiert wurde über die Inhalte der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland (STD)-kompakt, die Anfang 2012 gedruckt werden soll. Der Sekretär der SKQ Lutz Katzschmann (Weimar) informierte die Sitzungsteilnehmer über die Wahl zur SKQ für den Zeitraum 2012-15. Insgesamt haben sich 41 ordentliche und korrespondierende Mitglieder an der Briefwahl beteiligt. Da Herr Wansa sowie Herr Katzschmann ihr Amt zum Ende des Jahres 2011 abgegeben haben, wurden Felix Bittmann (Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung, Wilhelmshaven) als neuer Vorsitzender sowie Christian Hoselmann (Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Wiesbaden) als Sekretär der SKQ gewählt. Herr Wansa dankte den als ordentliche Mitglieder ausscheidenden Herren Behre, Geyh und Stephan für Ihre langjährige, geleistete Arbeit.

Zu den künftigen Schwerpunktaufgaben der Subkommission werden die Neudefinition weiterer lithostratigraphischer Einheiten für das Lithostratigraphische Lexikon (LithoLex) sowie die Überarbeitung der STD zählen. Die Homepage der SKQ wird als wichtiges Aushängeschild weiter von einem Mitarbeiter von Thomas Litt (Bonn) gepflegt.

Im Rahmen des TOP LithoLex wurde über die Fortschreibung der Leck-Formation, der Pommern-Formation, der Brandenburg-Formation und der Hauptpommern-Subformation berichtet. Herr Ellwanger (Freiburg) stellte die Haseltal-Formation vor, welche alle Vorkommen glazialer, proglazialer und lakustriner Sedimente des Wallis-Gletschers (Rhone-Gletschers) im Gebiet nördlich des Hochrheins umfasst. Die Haseltal-Formation sowie die Saale-Hauptterrassen-Subformation wurden einstimmig angenommen und können in das LithoLex eingestellt werden. Damit umfasst das LithoLex insgesamt 52 Definitionen quartärer Einheiten – vgl. www.bgr.de/app/litholex. Herr Schirmer (Wolkenstein) stellte die fortgeschriebenen Fassungen zu verschiedenen Löss-Formationen (Ahrgau-Formation, Brabant-Formation, Hesbaye-Formation und Keldach-Formation) vor. Es folgte eine intensive Diskussion zu Gliederungsprinzipien sowie räumlicher und stratigraphischer Reichweite der vorgestellten Definitionen. Allgemein wird empfohlen, die Einheiten unter einem stärkeren lokalen Bezug zu definieren. Bearbeitung und Diskussion werden fortgesetzt.

Die kommende Sitzung der SKQ wird Anfang Mai 2012 in Illmensee (Höchsten) stattfinden.

Beim hier vorliegenden Text handelt es sich um eine Zusammenfassung des Protokolls, das vom Sekretär der SKQ, Lutz Katzschmann, erstellt worden ist.

Christian Hoselmann (Wiesbaden)

Die supraregionale Sedimentkaskade im Gaxun-Nur-Becken (Nordchina) als Anzeiger der Monsunvariabilität

Das BMBF-geförderte Projekt „Supra-regional signal pathways and long-time archives: Quaternary monsoon dynamics at the northern margin of the Tibetan Plateau”, (kurz: QuaSi) nimmt anhand von Langzeit- und rezenten Sedimentarchiven spätquartäre Klimaentwicklungen in den Fokus. Das Team besteht aus Wissenschaftlern der RWTH Aachen, des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) Potsdam, der Freien Universität Berlin und chinesischen Kooperationspartnern der Nanjing University und wird vom Lehrstuhl für Physische Geographie und Geoökologie der RWTH Aachen koordiniert.

Das endorrheische Gaxun-Nur-Becken Nordchinas dient als Zwischenspeicher einer überregionalen Sedimentkaskade. Zum Einzugsgebiet des Beckens (~180.000 km2) gehören sowohl südliche Regionen der Mongolei als auch der Nordostrand des Tibetplateaus mit dem Qilian-Shan-Gebirge. Das Becken selbst ist vollarid und stellt den vorherrschenden N-NW-Winden große Sedimentmengen zur Verfügung. Die im SO anschließenden Sandwüsten (Badain Jaran und Tengger Shamo) sowie das Chinesische Lössplateau sind die unmittelbaren Ziele dieser Kaskade. Darüber hinaus werden feinschluffige und tonige Partikel mit der nordhemisphärischen Westwindzirkulation bis in den Nordpazifik und nach Nordamerika transportiert.

Durch bereits abgeteufte und einer im Frühjahr 2012 geplanten Bohrung (ca. 300 m) wird ein für diesen Raum beispielloses Langzeitarchiv aufgeschlossen, dessen Sedimente hochaufgelöst beprobt und mit einem breiten Methodenspektrum (Geochemie, Granulometrie, Paläomagnetik) analysiert werden. Eine Paläoklimarekonstruktion soll so die Bedeutung des Gaxun-Nur-Beckens für die Sedimentlieferung zum Chinesischen Lössplateau ermöglichen und Hinweise auf die zeitliche Variabilität der nordwestlichen und südöstlichen Monsunanströmung liefern. Granulometrische und geochemische Analysen aus dem gesamten Einzugsgebiet ermöglichen die Extrapolation in die Fläche und liefern Herkunfts- und Verbreitungsmuster der Sedimente. Die Punktdaten aus der Tiefbohrung werden so um eine weitere Dimension erweitert. Eine auf multivariater Statistik beruhende Modellierung der Beckengenese und der Sedimentlieferung trägt zusätzlich zu einem besseren Verständnis der Depositionsgeschichte im Becken bei. Die Ergebnisse ermöglichen eine der Größe des Einzugsgebiets angemessen detaillierte Entschlüsselung der Sedimentkaskade im Übergang von Tibetplateau zu den Trockengebieten der Gobi unter Berücksichtigung der zeitlichen und räumlichen Monsunvariabilität.

Frank Lehmkuhl & Veit Nottebaum (Aachen)

Helmut Heuberger 1923 – 2011

Am 16. November 2011 ist Prof. Dr. Helmut Heuberger, langjähriges Mitglied der DEUQUA und Inhaber der ALBRECHT-PENCK-Medaille, im 89. Lebensjahr in Salzburg verstorben. Helmut Heuberger gehörte der Generation an, die in ihren jungen Jahren von den Wirrnissen nach Ende des Ersten und um den Zweiten Weltkrieg voll betroffen war.

Nach Volksschule und Gymnasium in Innsbruck folgte nach Reichsarbeitsdienst ab Oktober 1941 als Kriegsfreiwilliger der Kriegseinsatz bei einer Panzerjägerkompanie an der Ostfront. Durch eine schwere Verwundung im Februar 1943 nachhaltig kriegsuntauglich, konnte er mit dem Wintersemester 1943 ein breit angelegtes Studium in den Fächern Geschichte, Geographie, Geologie, Völkerkunde sowie Germanistik an der Universität Innsbruck beginnen. Während dieser Zeit kam Helmut Heuberger durch seine Verwandtschaft mit Fritz Molden, dem späteren Diplomaten, Zeitungsherausgeber und Verleger zur österreichweit operierenden Widerstandsgruppe O5, die er bis Kriegsende in Tirol aktiv unterstützte. Nach Ende des Krieges schloss er 1952, nach einem 1947 durch ein Stipendium ermöglichten Semester an der ETH Zürich, das Studium der Geographie mit dem Nebenfach Geologie in Innsbruck ab. Nach Anstellungen als Demonstrator (1950) und wissenschaftliche Hilfskraft (1955) wurde er nach Freiwerden einer Stelle 1958 Assistent am Geographischen Institut der Universität Innsbruck.

1956 heiratete er seine Kollegin Dr. Adelheid geb. Hardorp, die ihn nahezu 50 Jahre lang, bis zu ihrem Ableben, bei seinen Forschungen und Reisen immer wieder unterstützte. 2008 heiratete er Frau Ilse geb. Meyer, die ihm aber 2011 sechs Monate voraus ging.

1965 konnte er sich schließlich mit einer Arbeit in seinem ureigenen Arbeitsgebiet, den Stubaier Alpen, habilitieren. Die Habilitationsschrift wurde mit dem Kardinal-Innitzer-Preis ausgezeichnet. In diese Zeit fielen aber auch seine Aktivitäten in der Frage um die Autonomie Südtirols, erst im Bergisel-Bund, später auch im Befreiungsausschuss Südtirol, die ihm 1966 in Italien in Abwesenheit eine Verurteilung zu einer langjährigen Haftstrafe eintrugen, was faktisch einem Einreiseverbot nach Italien gleichkam.

Nach diesen turbulenten Jahren folgten eine Gastdozentur 1967/68 in Hamburg sowie 1969/70 an der FU Berlin, bevor er 1972 die Stelle eines außerordentlichen Professors (C3) an der Universität München antreten konnte. 1980 erfolgte die Berufung zum Ordinarius als Nachfolger E. Lendls an das Geographische Institut der Universität Salzburg, wo er dann auch in den Jahren 1987-1989 Dekan der Naturwissenschaftlichen Fakultät war. 1978 wurde er zum Korrespondierenden Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ernannt.

Eine Folge seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war auch die Aufnahme in viele Fachgremien, in denen er auch leitend tätig war. Exemplarisch seien nur einige wie die Tätigkeit im Vorstand der „Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung“ in München oder die Mitgliedschaft in der “Kommission für Glaziologie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften“ oder der “Kommission für Quartärforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften“, genannt.

Durch seine bergsteigerischen Interessen und seinen Lehrer H. Kinzl ergab sich das Thema seiner Dissertation “Gemorphologische Untersuchungen in den nördlichen Stubaier Alpen“ und letztendlich auch seine weitere Beschäftigung mit der gletschergeprägten morphologischen Entwicklung des Hochgebirges.

Schon bald nach Abschluss seines Studiums eröffnete sich die Gelegenheit 1954, als begleitender Wissenschaftler, an der erfolgreichen Österreichischen Cho-Oyu Expedition von H. Tichy teilzunehmen. Dieses auch aus bergsteigerischer Sicht wohl prägendste Erlebnis weckte in ihm das Interesse am Himalaya und Nepal.

In den darauf folgenden Jahren ging H. Heuberger wieder seinen Forschungen zum Spät- und Postglazial in den Ötztaler und Stubaier Alpen nach. In diese Zeit fiel auch die Neubearbeitung der klassischen Spätglazialen Gletscherstände im Tiroler Raum (wie z.B. Gschnitz) gemeinsam mit F. Mayr für den VII. INQUA-Kongress 1965 in Denver, USA. Sinn und Zweck war, eine zeitgemäße modernere Darstellung dieser damals gültigen Marken der alpinen Gletscherentwicklung einem breiten internationalen Publikum zu erschließen.

Ebenso in dieser Zeit erfolgte der Versuch der zeitlichen Erfassung der jüngsten Gletscherschwankungen im Gletschervorfeld gemeinsam mit R. Beschel mit Hilfe der neuen Methode der Lichenometrie.

Eine auch für einen weiteren Kreis der Erdwissenschaften wesentliche Arbeit war seine langjährige Beschäftigung mit der Großgleitung beim Weiler Köfels im Ötztal, dem “Bergsturz von Köfels“. Als lokaler Kenner der Situation vom Mineralogen E. Preuss, der Interesse am Bimsstein von Köfels hatte, kontaktiert, stellte er auch die Verbindung zum Materialwissenschaftler Th. Erismann her. In dieser fachübergreifenden Zusammenarbeit konnte die heute, im Gegensatz zu früheren Deutungen als Folge eines Vulkans oder Impakts, wohl allgemein akzeptierte Erklärung der Bildung der natürlichen Gläser und des Bimssteins als Folge der Reibungshitze beim Gleitvorgang erarbeitet werden. In der weiteren Beschäftigung mit diesem Phänomen wurde später auch die Verbindung zu einem ähnlichen Ereignis im Himalaya hergestellt. Anschließend daran initiierte er noch weiterführende Untersuchungen zur Datierung des Ereignisses durch kosmogene Isotope sowie mittels Seismik die Erfassung der Ausgangsform des Ötztals vor dem Abgang der Großgleitung.

In seinen beiden letzten Arbeiten konnte er noch Ergebnisse aus seinem über viele Jahre durchforschten Arbeitsgebiet, dem Zemmgrund im Zillertal vorlegen, wobei ihm der Führer zum “Gletscherweg Berliner Hütte“ als populärwissenschaftliche Veröffentlichung besondere Freude gemacht hat.

Dirk van Husen (Altmünster, Österreich)