Die Zerstörung und sedimentäre Überdeckung Olympias (Westpeloponnes, Griechenland) – ein interdisziplinäres Projekt

Tsunami-Überflutungshöhen in m über dem heutigen Meeressp. auf d. Grundlage numerischer Simulationen für ein extremes Starkwellenereignis aus westl. Richtung nach Ankunft der 3. Welle eines dreiteiligen Tsunami-Wellenzugs. Abb. verändert n. Röbke et al.
Tsunami-Überflutungshöhen in m über dem heutigen Meeressp. auf d. Grundlage numerischer Simulationen für ein extremes Starkwellenereignis aus westl. Richtung nach Ankunft der 3. Welle eines dreiteiligen Tsunami-Wellenzugs. Abb. verändert n. Röbke et al.

Die antike Kultstätte Olympia liegt am Zusammenfluss von Kladeos und Alpheios etwa 19 km vom Golf von Kyparissia entfernt. Seit 1875 wird die Stätte am Fuß des Kronos-Hügels systematisch aus der 7-8 m hohen Olympia-Terrasse ausgegraben. Aktuelle geomorphologische Studien zeigen, dass die Olympia-Terrasse vorwiegend auf das Kladeos-Tal und untere Laufabschnitte des Alpheios beschränkt ist. Sie lässt sich bis 5,5 km Kladeos-aufwärts verfolgen, ist maximal 500 m breit und von einer bis zu 200 m breiten Rinne zerschnitten. Da die Fließgewässer Kladeos und Alpheios auch heute ungefähr auf ihrem antiken Niveau fließen, muss die Verschüttung Olympias mit außergewöhnlich starken Sedimentations- und Erosionsvorgängen innerhalb von nur wenigen Jahrtausenden in Zusammenhang stehen. Bislang wird die Zerstörung Olympias mit Auswirkungen von Erdbeben im 6. Jahrhundert n. Chr. in Verbindung gebracht, die Überdeckung als Folge von anthropogener Bodenerosion, Klimaschwankungen oder karsthydrologisch gesteuerten katastrophenartigen Abflüssen gedeutet. Keine dieser Hypothesen ist jedoch mit stichhaltigen Gelände- oder Laborbefunden belegt. Das bislang ungelöste Rätsel der Zerstörung und Verschüttung Olympias hängt unmittelbar mit der Tal- und Landschaftsentwicklung im Kladeos- und unteren Alpheios-Tal sowie mit der paläogeographischen Küstenentwicklung zusammen. Daher werden im hier vorgestellten Projekt erstmals systematische geomorphologische, sedimentologische, paläoseismologische und geoarchäologische Untersuchungen der Olympia-Terrasse zwischen dem Kladeos-Oberlauf und der heutigen Küste durchgeführt. Hauptziel des Projektes ist, die Ursachen und die damit zusammenhängenden geomorphologischen Prozesse der Zerstörung sowie der sedimentären Überdeckung Olympias zu erfassen und zu datieren.

Seit 2010 wurden insgesamt rund 50 Rammkernsondierungen nach vorheriger intensiver geophysikalischer Untergrunderkundung abgeteuft. Auf der Grundlage detaillierter sedimentologischer, geochemischer und mikropaläontologischer Analysen der Bohrkerne können für die unmittelbare Umgebung von Olympia fünf Hochenergie-Ereignisse festgestellt werden, die für einen großen Teil der mächtigen Sedimentablagerungen der Olympia-Terrasse verantwortlich sind. Die bislang vorliegenden geochronologischen Daten legen nahe, dass diese Ereignisse mit mehreren Erdbeben seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. zusammenhängen, die Hochenergie-Sedimente also einen klaren paläoseismologischen Hintergrund aufweisen. Außerdem deuten zahlreiche geomorphologische und sedimentologische Befunde auf die Möglichkeit einer mehrfachen Ereignis-gebundenen Überschwemmung Olympias im Zuge weiten landseitigen Eindringens von Tsunami-Wassermassen aus dem Golf von Kyparissia in das Alpheios- und Kladeos-Tal hin, wie dies im Rahmen der Olympia-Tsunami-Hypothese (OTH) diskutiert wird. Diesbezügliche Belege für eine mehrfache, höchstwahrscheinlich jeweils an Erdbeben geknüpfte Tsunami-gebundene Überflutung liegen für den antiken Hafen Pheia am Golf von Kyparissia bereits vor. Numerische Simulationen extremer Tsunami-Ereignisse für den Golf von Kyparissia, die von der heutigen Küstenkonfiguration ausgehen, zeigen, dass das untere Alpheios-Tal hinsichtlich der Tsunami-Wellenausbreitung eine Sonderrolle einnimmt. Für dieses Gebiet wurden die weitesten, bis 15 km landeinwärts reichenden Tsunami-Überflutungsdistanzen berechnet, die auf einem starken Trichtereffekt beruhen. Die Simulationsergebnisse stimmen überdies gut mit den vorliegenden Geländebefunden überein.

Die OTH basiert auf dem größten bislang erhobenen Gelände- und Labordatensatz und stellt die bis dato plausibelste Erklärung für die Verschüttung Olympias dar. Nichtsdestotrotz muss sie weiteren Überprüfungen standhalten. Zu diesem Zweck sind für die folgende Projektphase bis 2016 verstärkt mikrofossilanalytische Analysen an Hochenergiesedimenten im Umfeld von Olympia, interdisziplinäre archäologische und kombinierte geomorphologische Detailstudien im zentralen Kultstättenbereich sowie hochauflösende geochronologisch-paläoseismologische Untersuchungen an Hochenergiesedimenten der Olympia-Terrasse vorgesehen, mit deren Hilfe die Auflösung der bislang vorliegenden Ereignis-Geochronostratigraphie deutlich verbessert werden kann.

Die Projektarbeiten werden im interdisziplinären Verbund zusammen mit Althistorikern, Archäologen, Geomorphologen und Ingenieurwissenschaftlern der Universitäten Aachen, Darmstadt, Freiburg und Heidelberg durchgeführt. Sie sind in das vom Deutschen Archäologischen Institut initiierte Projekt „Olympia und seine Umwelt“ eingebettet und an Untersuchungen zu Tsunami-Ereignissen an Küsten des Ionischen Meeres im Rahmen eines von der DFG geförderten Projektes angegliedert.

Andreas Vött, Peter Fischer & Björn Röbke (Mainz)