DEUQUA 2012 in Bayreuth - Tagungsbericht

Foto 1: Ludwig Zöller erläutert in einer kleinen Ausstellung im Keller des Goldkronacher Schlosses die paläogeographische Situation zur Zeit des Muschelkalk in Nähe der Fränkischen Linie (Foto: C. Hoselmann).
Foto 1: Ludwig Zöller erläutert in einer kleinen Ausstellung im Keller des Goldkronacher Schlosses die paläogeographische Situation zur Zeit des Muschelkalk in Nähe der Fränkischen Linie (Foto: C. Hoselmann).

Die 36. Hauptversammlung der Deutschen Quartärvereinigung fand Anfang September auf dem Campus der Universität Bayreuth statt. Ludwig Zöller und seinem Team ist es gelungen, eine ausgezeichnet organisierte Tagung mit einem interessanten Tagungs- und Exkursionsprogramm zusammenzustellen. Mit rund 140 Teilnehmern aus 10 Ländern war die Tagung sehr gut besucht.

Den Anfang der Tagung machte traditionell die Icebreaker-Party, welche in der Sammlung Roßmann im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth abgehalten wurde. Die eindrucksvolle Ausstellung umfasst eine Vielzahl verkieselter Hölzer mit bis zu sechs Meter langen Baumstämmen aus der Trias. Hier begrüßte der zweite Bürgermeister von Bayreuth, Thomas Ebersberger, die Teilnehmer der Eröffnungsveranstaltung.

Am folgenden Tag wurde die Tagung von der Präsidentin der DEUQUA, Margot Böse (Berlin), dem Vizepräsidenten der Universität Bayreuth, Hans-Werner Schmidt, sowie dem Schirmherrn der DEUQUA 2012, dem parlamentarischen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Hartmut Koschyk, offiziell eröffnet. Neueste Forschungsergebnisse der verschiedenen Schwerpunktthemen der Tagung wurden zum Teil in Parallelveranstaltungen präsentiert. Eine sehr umfangreiche Posterausstellung zeigte darüber hinaus ein großes Engagement der Teilnehmer. Die Themenschwerpunkte umfassten ein weites Spektrum der Quartärwissenschaften:

- Fortschritte der Quartärstratigraphie

- Löss und terrestrische Archive

- Steinzeitlicher Mensch und Umweltwandel – zur Archäologie von Umweltrisiken

- Klima und Umwelt der letzten 130.000 Jahre

- Quartäre Landschaftsentwicklung – ein Schlüssel zum Verständnis aktueller Georisiken

- Endogene Prozesse (Neotektonik und Vulkanismus)

National und international besetzte Plenarvorträge ergänzten die dreitägige Hauptversammlung der DEUQUA.

Der Präsident der "Hugo-Obermaier-Gesellschaft für Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit" Thorsten Uthmeier (Universität Erlangen-Nürnberg) hielt den öffentlichen Abendvortrag zum Thema „Kleine und große Katastrophen? Umweltrisiken in den Steinzeiten Europas“.

Die erweiterten Kurzfassungen der Vorträge und Posterpräsentationen finden sich im Band 117 der Schriftenreihe „Bayreuther Forum Ökologie“ (ISSN 0944-4122).

Der Gesellschaftsabend wurde auf Einladung des Hausherrn Hartmut Koschyk im Park des Schlosses von Goldkronach abgehalten. Höhepunkt des Abends war die Verleihung der Albrecht-Penck-Medaille an Christian Schlüchter (Bern) sowie Charles Turner (Cambridge) mit den Laudationes von Margot Böse. Eine Lichtinstallation des Coburger Künstlers Christoph Drews an der Fassade des Schlosses zum Thema „Humboldts Traumbilder“ rundete die Veranstaltung eindrucksvoll ab.

Zu den im Rahmen der DEUQUA-Tagung durchgeführten Exkursionen ist ein Exkursionsführer „From Paleozoic to Quaternary – A field trip from the Franconian Alb to Bohemia“ (Herausgeber L. Zöller & A. Peterek) bei GEOZON erschienen und kann dort als gedruckte Ausgabe zum Preis von 34,- Euro bestellt oder als PDF unter www.geozon.info/publikationen heruntergeladen werden.

Die Exkursion „Europäische Wasserscheide, Flussgeschichte, Bruchschollenzone, Trebgasttal“ führte in die nördliche und nordwestliche Umgebung von Bayreuth und verband die wichtigsten Stationen der im DEUQUA-Exkursionsführer beschriebenen Exkursionen A und B. Hauptthema der Exkursion waren quartäre und tertiäre Flusslaufverlagerungen. Unter der Leitung von Ludwig Zöller und Wolfgang Schirmer, unterstützt durch Ulrich Hambach, Thomas Kolb und Peter Kühn, wurden an insgesamt acht Exkursionspunkten Flussterrassen und ihre Deckschichten als Archive der Landschaftsgeschichte diskutiert. Am Vormittag stand die wechselvolle Geschichte des Trebgasttales, das zeitweilig auch von der Steinach und dem Roten Main durchflossen wurde und in dem fünf stratigraphisch unterscheidbare Flussterrassen überliefert sind, im Mittelpunkt. Nach der Mittagspause in einem landestypischen Gasthof wurde die neogene und quartäre Entwicklung am Oberlauf des Mains behandelt. Zum Schluss hat Ludwig Zöller im Keller der Brauerei Haberstumpf in Trebgast die Trebgaster Radioaktivitätsanomalie vorgestellt.

Die Exkursion "Steinzeit auf der Frankenalb" besuchte unter der Leitung von Thorsten Uthmeier und Leif Steguweit als erstes die Höhlenruine bei Hunas (letzte Grabungskampagne, bisher 150 Arten an Wirbeltieren bestimmt), die von Brigitte Hilpert vorgestellt wurde. Ludwig Reisch führte als Emeritus in Essing (Abri 1, 2, Sesselfelsgrotte, Klausenhöhlen). Im Abri 2 (Eigentum der Universität Erlangen) wurden im Laufe der Grabungen über 80.000 Artefakte gefunden. Klaus Eisele stellte abschließend den Silexbergbau bei Arnhofen vor (über 650 Schächte identifiziert, über 20.000 vermutet).

Die dreitägige Exkursion „Tschechien und angrenzende Teile Nordbayerns (Neotektonik, Neovulkanismus, Holozän, Löss)“ mit 18 Teilnehmern startete von Bayreuth aus unter der Leitung von Andreas Peterek und Ludwig Zöller in Richtung Tschechien. Noch auf deutscher Seite erfolgte am Armesberg östlich von Kulmain die Einführung in das Exkursionsgebiet mit Blick auf das Fichtelgebirge, den Steinwald und in den Waldersdorf-Neusorg-Graben. Unmittelbar nachdem die Grenze nach Tschechien zu Fuß überschritten wurde, erreichte die Gruppe den Aufschluss Želesná hurka (Eisenbühl) mit einem quartären Schlackenkegel. Neben Fragen zur Genese konzentrierte sich die Diskussion auf die Frage der Alterseinstufung dieses Vulkans. Neue Datierungen an Zeolithen lassen auf ein Alter jünger als 300.000 Jahre schließen. Auch das unmittelbar benachbarte Mýtina-Maar wird derzeit intensiv geophysikalisch und durch Forschungsbohrungen untersucht.

An den folgenden Exkursionspunkten standen die Neotektonik des Eger-Rifts und die in diesem Zusammenhang diskutierten Laufverlegungen der Flüsse im Mittelpunkt. Als Zeichen für aktive Vulkantätigkeit im Untergrund werden die CO2-Entgasungen der Mofetten betrachtet, die im Plesna-Tal bei Hartoušov besonders spektakulär in Erscheinung treten. Kontrovers diskutiert wurden die kryoturbaten Aufpressungen in Terrassenablagerungen der Ohre (Eger) in einer Kiesgrube bei Nebanice, die möglicherweise an junge tektonische Bewegungen gekoppelt sind. Östlich von Nový Kostel konzentrieren sich die Schwarmbeben; hier verläuft die markante Mariánské Lázne (Marienbader) Störungszone. Nach einem Rundgang durch Františkovy Lázne (Franzensbad) mit Verkostung von Mineralwässern fand der erste Exkursionstag seinen Abschluss am berühmten Vulkankegel des Komorni Hurka (Kammerbühl).

Der zweite Exkursionstag unter der Leitung von Vaclav Cílek und Andreas Peterek startete mit einem Blick in einen der großen Braunkohletagebaue bei Nové Sedlo, der stellvertretend für eine Vielzahl von Gruben im zentralen Eger Graben steht. Nach einem Stadtrundgang durch Karlovy Vary (Karlsbad) mit seinem berühmten "Sprudelquell" und den mächtigen Travertinen erklommen die Exkursionsteilnehmer die tertiäre Phonolithkuppe bei Andelská Hora (Engelsburg) und genossen den Panoramablick zum Erzgebirge. Am Nachmittag stand der böhmische Karst mit seinen Kalktuffablagerungen im Mittelpunkt der Diskussion. Überraschend bot sich in Beroun ein Blick in ein Schurfprofil, in dem holozäne Kalksteinschuttlagen unterhalb eines Kalksteinfelsens aufgeschlossen waren. Im Abendlicht erreichte die Exkursion Svatý Jan pod Skalou (St. Johann unter dem Felsen), wo eines der vollständigsten und am besten datierten Holozän-Profile in bis zu 18 m mächtigen Travertinen vorgestellt wurde.

Nach Übernachtung in Prag verschafften sich die Exkursionsteilnehmer am dritten Exkursionstag zunächst einen Überblick über die Terrassenabfolge des Vltava (Moldau) bei Husinec, bevor es zum bekanntesten Lössprofil Zentralböhmens nach Zemechy ging. Hier führten Lenka Lisá und Jan Hošek durch Löss-Paläoboden-Abfolgen des Eems und des letzten Glazials. Mit vielfältigen Eindrücken von einer durch junge Tektonik geprägten Landschaft erreichte die Exkursion am späten Sonntagnachmittag Bayreuth.

Christian Hoselmann (Wiesbaden), Ernst Kroemer (Hof), Stefan Wansa (Halle/Saale) & Michael Weidenfeller (Mainz)

Foto 2: Ablagerungen eines Paläomäanders des Mains bei Marktzeuln im Kiessandtagebau Lettenreuth (Foto: K. Schuberth).
Foto 2: Ablagerungen eines Paläomäanders des Mains bei Marktzeuln im Kiessandtagebau Lettenreuth (Foto: K. Schuberth).
Foto 3: Quartärer Schlackenkegel bei Želesná hurka (Foto: M. Weidenfeller).
Foto 3: Quartärer Schlackenkegel bei Želesná hurka (Foto: M. Weidenfeller).