Quartärer Klima- und Umweltwandel auf der Arabischen Halbinsel

Abb. 1: Die Arabische Halbinsel mit möglichen Wanderungsrouten des frühen Modernen Menschen
Abb. 1: Die Arabische Halbinsel mit möglichen Wanderungsrouten des frühen Modernen Menschen

Die Arabische Halbinsel ist heute überwiegend durch aride Klimabedingungen und ausgedehnte Wüstenregionen geprägt (Abb. 1). Dass dies nicht immer der Fall war belegen Relikte von Seeablagerungen, die an vielen Stellen der Region gefunden wurden und meist in das frühe bis mittlere Holozän datieren (Abb. 2 und 3). Zu dieser Zeit verursachte die Konstellation der Erdbahnparameter eine besonders starke Sonneneinstrahlung auf die Nordhemisphäre während des Sommers, was zu einer nordwärts Verschiebung der innertropischen Konvergenzzone (ITCZ) führte. Dadurch reichte der Einfluss der Sommerniederschläge (Monsun), der heute nur noch einen geringen Effekt im südlichsten Arabien hat, wesentlich weiter nach Norden, wohl zumindest bis an den Südrand des Persischen Golfes. Durch die ausgeprägten Sommerniederschläge entstanden Seen, die zumindest teilweise das ganze Jahr über bestanden. Pflanzen- und Tierüberreste weisen auf Umweltbedingungen hin, wie sie heute in den Savannen Afrikas vorliegen. Archäologische Funde belegen zudem, dass die Arabische Halbinsel zu dieser Zeit von steinzeitlichen Menschen besiedelt war.

Abb. 2: Fossile Seeablagerungen (braune Hügel) im zentralen Oman (Foto T. Rosenberg)
Abb. 2: Fossile Seeablagerungen (braune Hügel) im zentralen Oman (Foto T. Rosenberg)

Die frühere, pleistozäne Klimageschichte Arabiens ist bis heute weitestgehend unbekannt, was sowohl mit den schwierigen naturräumlichen Bedingungen, der teilweise politisch bedingten begrenzten Zugänglichkeit, als auch durch den Mangel an geeigneten Umweltarchiven in der Region begründet ist. Dabei stellt Arabien eine Schlüsselregion im Zusammenhang mit der Verbreitung des modernen Menschen (Homo sapiens) dar. Nach heutigem Kenntnisstand entwickelte sich der anatomisch moderne Mensch aus dem archaischen Homo sapiens vor etwa 150.000 Jahren in Ostafrika. Neuere Funde belegen seine Präsenz am Westufer des Roten Meeres während des letzten Interglazials vor etwa 125.000 Jahren. In der Vergangenheit wurde überwiegend davon ausgegangen, dass der Mensch dem Lauf des Nils folgte, die Sinai-Halbinsel durchquerte und schließlich in die Levante gelangte, wo Funde des modernen Menschen Alter zwischen 90-120.000 Jahren aufweisen (Abb. 1). Genetische Untersuchungen implizieren jedoch, dass diese Menschen nicht unsere Urahnen sein können und es sich eher um eine endemische Gruppe handelte, die später ausstarb oder sich wieder nach Afrika zurück zog. Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass der moderne Mensch spätestens vor 65.000 Jahren in Indien auftauchte und bereits vor etwa 45.000 Jahren Australien besiedelte. Zu dieser Zeit war der Indonesische Archipel weitestgehend festländisch und nur durch relativ schmale Meeresengen von Australien getrennt. Erst vor etwa 40.000 Jahren erschien der moderne Mensch in Europa und die oben vorgestellten Befunde haben die Frage aufgeworfen, ob die Auswanderung aus Afrika wirklich durch die Levante stattfand. Die zweite naheliegende Auswanderungsroute ist über die Bab-al-Mandab (Tor der Tränen), also via die Meeresenge am Südende des Roten Meeres, und von dort weiter durch die Arabische Halbinsel gegen Osten (Abb. 1). Für das Überqueren der Bab-al-Mandab, die während Zeiten der Vergletscherung der mittleren Breiten immerhin noch 10 km breit war, wäre aber der Bau primitiver Boote oder Flöße notwendig gewesen. Auch wäre unter den heutigen Klimabedingungen diese Route sicherlich eine Sackgasse, da sich der frühe Mensch bald mit den unwirklichen Umweltbedingungen des südlichen Arabiens konfrontiert gesehen hätte.

Abb. 3: Aufschluss mit den Relikten fossiler Seeablagerungen im zentralen Oman (Foto T. Rosenberg)
Abb. 3: Aufschluss mit den Relikten fossiler Seeablagerungen im zentralen Oman (Foto T. Rosenberg)

Im Januar 2011 publizieren Armitage et al. (Science 311) jedoch erste Belege für eine Präsenz des frühen Modernen Menschen im östlichen Arabien (Jebel Faya, Vereinigte Arabische Emirate) während des letzten Interglazials. Dieser neue Fund drängt die Frage über die Umweltbedingungen während des Pleistozäns weiter in den Vordergrund. Die Zyklizität der Erdbahnparameter impliziert, dass es auch während des letzten Interglazials in Arabien viel feuchter als heute gewesen sein sollte. Diese Annahme wird durch die Wachstumsphasen von Tropfsteinen in der Vergangenheit belegt, die durch Uran/Thorium Datierungen zeitlich eingegrenzt werden konnten. Gegenwärtig laufen weitere Untersuchungen an fossilen Seeablagerungen in den Wüsten Arabiens, die als erste Ergebnisse eine komplexe Umweltgeschichte dieser Region anzeigen.

Das sich mit diesem Themenkreis beschäftigende Projekt lautet "Climate and environmental changes recorded in Late Quaternary lake deposits in the Arabian Desert" wird vom "Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung" finanziert und endet 2011.

Frank Preusser, Stockholm