Ehrungen und Preisverleihungen am 15. 9. 2010 anlässlich der DEUQUA Tagung in Greifswald

Prof. Dr. Klaus-Dieter Meyer (Foto: R. Lampe)
Prof. Dr. Klaus-Dieter Meyer (Foto: R. Lampe)

Im Rahmen der DEUQUA Tagung wurden zwei Albrecht-Penck-Medaillen für hervorragende Verdienste um die Quartärforschung verliehen. Anbei eine kurze Würdigung der Preisträger:

 

Prof. Dr. Klaus-Dieter Meyer

Nach seiner Schulzeit in Haldensleben (nördlich von Magdeburg) ging Klaus-Dieter Meyer zum Geologie-Studium nach Göttingen. Seine Diplomarbeit behandelte das Devon westlich von Goslar, auch in der Dissertation beschäftigte er sich noch thematisch mit dem Festgestein, und zwar hier mit den Quarziten des Allerzugs im Harz. 1963 trat er als Referendar beim Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung seinen Dienst an. Nach dem Referendariat ging er in die Kartierabteilung. 1973 übernahm er die Leitung des Referats Geologische Landesaufnahme im Flachland. 1980 erfolgte die Ernennung zum Direktor und Professor. Neben seiner Hauptaufgabe, der geologischen Landesaufnahme, war er auch an Projekten der angewandten Geologie beteiligt.

Seit 1981 hat er 20 Jahre an der TU Braunschweig gelehrt und über 100 Diplom-Arbeiten betreut.

Einer seiner beruflichen Schwerpunkte, aber auch gleichzeitig sein Hobby, sind die eiszeitlichen Geschiebe und die Geschiebezählung für stratigraphische Fragestellungen. Viele private Sommerreisen führten ihn die Herkunftsgebiete der Geschiebe. Die Geschiebesammlung in Hannover wurde auch von ihm ergänzt und vor allem betreut. Zahlreiche seiner rund 130 Veröffentlichungen sind der Geschiebeforschung gewidmet.

Aber auch Öffentlichkeitsarbeit war ihm wichtig; so erfolgte auf seine Initiative hin 1980 die Anlegung des Geschiebegartens von Hagenburg am Steinhuder Meer, nur ein Auftakt für weitere entsprechende Projekte. Ein weiteres „Hobby“ sind Meteoriten und Geschiebe aus möglichen Meteoriten, auch dazu gibt es Publikationen von K.-D. Meyer.

Die Kartierung im Flachland Niedersachsens ist maßgeblich von ihm beeinflusst worden; neben den geologischen Karten sind es auch die teilweise umfangreichen Erläuterungen und die wissenschaftliche Aufsätze als Folge der intensiven Geländearbeiten.

K.-D. Meyer war Gründungsmitglied der Subkommission Quartärstratigraphie, ferner Sekretär der Subkommission Europäische Quartärstratigraphie der INQUA. Zwei Jahrzehnte diente er der DEUQUA als Archivar (1982-2002). Bei der Arbeitsgemeinschaft Nordwestdeutschen Geologen hat er zahlreiche Exkursionsführungen unternommen, ebenso bei Tagungen der DEUQUA und bei der INQUA 1995.

Seit 2001 ist er im Ruhestand, hat aber seither mehr als zwei Dutzend Publikationen verfasst. Derzeit beschäftigt er sich unter anderem mit Geschieben als Bausteine für Kirchen, nimmt Stellung zur aktuellen Klimadiskussion und befasst sich mit der Stratigraphie des Aufschlusses Schöningen. Klaus-Dieter Meyer hat die Forschung zur Glazialstratigraphie über viele Jahre entscheidend geprägt.

Dr. Hansjörg Streif (Foto: R. Lampe)
Dr. Hansjörg Streif (Foto: R. Lampe)

Dr. Hansjörg Streif

Hansjörg Streif stammt aus Südwestdeutschland und studierte Geologie und Paläontologie in Freiburg. Nach Abschluss seines Diploms mit einer Arbeit über limnische und marine Molluskenfaunen in Griechenland fing er 1964 als technischer Angestellter am Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung an.

Nach seiner Promotion 1967 zu „Limnogeologische Untersuchungen des Seeburger Sees (Untereichsfeld)“, war er in den Referaten „Paläontologie, Biostratigraphie und Sammlung“ und „Geochronologie, 14C-Labor“ tätig. 1978 wurde er Referatsleiter der Geologischen Landesaufnahme, Abteilung Küste. 1989 erfolgte die Ernennung zum Direktor und Professor beim Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung.

Neben seinen Aufgaben im Rahmen der Küstenkartierung war er im Auftrag der BGR in Malaysia, Indonesien, Ghana, Pakistan und Kamerun bei der Rohstoffprospektion tätig. 2001 ging er als Berater für Küstenforschung zum chinesischen Geologischen Dienst in Tientsin (Bohai-Sea).

Die südliche Küste der Nordsee ist aber als sein wesentlicher Arbeits- und Forschungsschwerpunkt anzusehen. Zusammen mit Dr. Jobst Barckhausen entwickelte er das „Lithologische Ordnungsprinzip“ für die Kartierung im Küstenholozän, Grundlage für die Konzeption und Komplettbearbeitung der Geologischen Küstenkarte 1:25 000 von Niedersachsen mit insgesamt 53 Kartenblättern, mit jeweils zwei Karten: Relief der Holozänbasis und Profiltypen des Küstenholozäns.

1990 gingen wesentliche Ergebnisse seiner Arbeit in den Band 57 der Sammlung Geologischer Führer: Das ostfriesische Küstengebiet: Nordsee, Inseln, Watten und Marschen ein.

1978 wurde Hansjörg Streif Full Member der INQUA Subcommission on Shorelines of Northwestern Europe und war zeitweise ihr Präsident. 1980 wurde er ordentliches Mitglied der Subkommission für Quartärstratigraphie der DUGW.

Ferner war er Mitglied der Konferenz der Leitenden Wissenschaftler der Meeresforschung der norddeutschen Länder (KLMN) und seit 1990 Mitglied des Zentrums für Flachmeer-, Küsten- und Meeresumweltforschung e.V. (Forschungszentrum TERRAMARE) in Wilhelmshaven.

1990 bis1992 koordinierte er die deutschen Aktivitäten im „EG-Southern North Sea Project“ der Europäischen Union (beteiligt waren die Geologischen Dienste von Belgien, Niederlanden, Großbritannien, Dänemark, Deutschland sowie eine Kooperation mit Norwegen) und gab auch federführend die deutschen Beiträge heraus (Geologisches Jahrbuch Reihe A, H. 146).

In die Klimadiskussion hat er sich kritisch eingemischt als Co-Autor des Buches Klimafakten: der Rückblick – ein Schlüssel für die Zukunft (2001).

Zahlreich sind seine Publikationen (an die 300), sein Führungen bei Tagungen der Nordwestdeutschen Geologen, der INQUA und der DEUQUA waren immer gewinnbringend für die Teilnehmer. Hansjörg Streif hat das Nordsee-Küstenquartär national und international vertreten und die Forschung entscheidend vorangetrieben.

Prof. Dr. Ernst Brunotte (Foto: R. Lampe)
Prof. Dr. Ernst Brunotte (Foto: R. Lampe)

Die Ehrenmitgliedschaft der DEUQUA erhielt Prof. Dr. Ernst Brunotte

Ernst Brunotte hat an der Universität Göttingen Geographie studiert, seine Diplomarbeit befasste sich mit dem halokinetisch beeinflussten Solling-Nordrand, seine Dissertation mit der quartären Formung von Schichtkämmen im Leine-Weser-Bergland. 1985 schloss er seine Habilitationsschrift, eine landschaftsgenetische Studie an dem Piedmont der Mendociner Kordellieren, Argentinien, ab. 1987 erhielt er einen Ruf nach Köln, wo er nach einer Rufablehnung von einer C3 auf eine C4-Stelle wechselte und die Abteilung für Angewandte Geomorphologie und Geländeforschung einrichtete. Inhaltliche Schwerpunkte seiner Forschungstätigkeit waren unter anderem die Landschaftsgenese, die geomorphologische Kartierung – auch in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung –, die Lössstratigraphie, Kolluvien, die Renaturierung von Fließgewässern und die Stadtgeomorphologie von Köln. Jahrelange Forschungen widmete Ernst Brunotte der Landschaftsgeschichte und der quartären Klimageschichte von Namibia. Quartärwissenschaftliche Themen durchziehen seine Veröffentlichungen.

Bereits 1966 nahm er an seiner ersten DEUQUA-Tagung teil, seither war er ein regelmäßiger Teilnehmer und auch wiederholt Exkursionsführer bei der DEUQUA, ferner ein Besucher von INQUA-Kongressen und auch ein häufiger Teilnehmer bei den Tagungen der Nordwestdeutschen Geologen.

Seine weit gefächerten wissenschaftlichen Erfahrungen waren die Grundlage für die ehrenamtliche Tätigkeit im DEUQUA-Vorstand als Schriftleiter von Eiszeitalter und Gegenwart. In den Jahren 2002 bis 2005 hat er 5 Jahrbücher, die Bände 51-55, betreut. Für seine engagierte und konstruktive Mitarbeit im DEUQUA-Vorstand, erwachsen aus jahrelanger Verbundenheit mit der DEUQUA, und für seine Tätigkeit als Schriftleiter wurde Ernst Brunotte die Ehrenmitgliedschaft verliehen.

Dr. Ronny Boch (Foto: R. Lampe)
Dr. Ronny Boch (Foto: R. Lampe)

Verleihung des Woldstedt-Preises für Nachwuchswissenschaftler an Dr. Ronny Boch, Universität Innsbruck

Ronny Boch wurde der mit 500,- € dotierte Woldstedt-Preis für seine Dissertation: “Stalagmites from Katerloch Cave, Austria: Growth dynamics and high-resolution records of climate change” verliehen. Der Preisträger hat nach einer Schulzeit in Bregenz und einer Dienstzeit als Militärmusiker in der Österreichischen Armee an der Universität Innsbruck Geologie und Philosophie studiert und beide Studiengänge mit dem Master abgeschlossen. Seine oben genannte Dissertation stellte er 2008 fertig.

Die preiswürdige Dissertation entstand als Teil eines sich über die Ostalpen erstreckenden Untersuchungsprogramms zur Erfassung hochaufgelöster Klimaarchive an Höhlensedimenten. Die Höhle Katerloch, nordwestlich von Graz am Südostrand der Ostalpen, soll dabei auch die Verbindung zum südosteuropäischen Raum herstellen. Die Dissertation behandelt die Untersuchung von schnell wachsenden Stalagmiten, wobei Ronny Boch sich intensiv mit modernen Methoden zur Tropfsteindatierung und der auf dieser Basis möglichen Paläoklima-Rekonstruktion beschäftigte. Die laboranalytischen Untersuchungen bilden eine breite Palette von Methoden ab, die von mineralogischen und geomorphologischen Untersuchungen bis hin zu umfangreichen Analysen von Höhlenluft und Höhlenwasser reichen. Ferner werden Ergebnisse eines 2,5jährigen Monitorings von Lufttemperatur und -zusammensetzung, Hydrochemie des Tropfwassers, Bodengasmessungen klar und umfassend dokumentiert. Trotz der Vielzahl einander gegenübergestellter Teilaspekte zum Thema gelingt es Ronny Boch stets die Ergebnisse unterschiedlichster Methodik und Skalierung in einen stringenten Zusammenhang zu stellen und damit weiterführende Perspektiven von hoher wissenschaftlicher Relevanz zu eröffnen. So kann er einen ausgeprägten saisonalen Gang des Höhlenklimas nachweisen, während die Hydrochemie der Karstwässer einen mehrjährigen Trend aufweist. Aus der Verschneidung der Parameter Höhlenluft und Höhlenwasser in den unterschiedlichen zeitlichen Rhythmen erwächst ein hochkomplexes Bild des Stalagmitwachstums, dessen Verständnis einen wichtigen Baustein zur kritischen Interpretation und Rekonstruktion paläoklimatischer Phasen liefert. Als wesentlicher Faktor in der Steuerung des Stalagmitenwachstums ist die Ventilation der Höhlenluft anzusehen. Auch sind Unterschiede der jahreszeitlichen Lamina der Stalagmiten in ursächlichem Zusammenhang mit kleinsträumigen Umgebungsparametern der Stalagmitwachstums-Stellen zu sehen. Hier belegen die von Ronny Boch durchgeführten Isotopenanalysen (C-Isotope – korrelieren mit der Entgasungsintensität von CO2 – sowie Spurenelementgehalte) eindrucksvoll die jahreszeitlichen Variationen, denen die längerfristigen Änderungen im O-Isotopengehalt gegenüberstehen. U-Th-Datierungen ermöglichen eine zeitliche Zuordnung der Stalagmitbildung in das Holozän. Mit der Arbeit wurden erstmals auch die 8,2 ka- und 9,2 ka-Abkühlungs-Ereignisse im südlichen Alpenraum nachgewiesen.

Als Ergebnis liegt damit erstmals ein sehr gut interpretierbares Klimaarchiv am Alpensüdrand v.a. für das Früh- und Mittel-Holozän vor. Einzelne Abschnitte des Spät-Holozäns, des MIS 3 und aus dem MIS 5 konnten ebenfalls untersucht, aber nicht ganz sicher chronologisch eingeordnet werden.

Ein wesentliches Ergebnis für die Klimaforschung ist auch, dass es im Holozän immer wieder zu kurzen (~ 100 Jahre) kräftigen Klimaschwankungen (Abkühlung von 2,5-3°C) und zu Schwankungen von 7-8°C im MIS 3 gekommen war. Die Dissertation zeigt an dem Beispiel des Katerlochs durch die akribische Grundlagenerfassung einmal mehr welches Potenzial in der Klimarekonstruktion in den Höhlensintern vorhanden ist.

Die Arbeit sowie die Quellen für bereits in Fachzeitschriften veröffentlichte Teile sind unter http://www.uibk.ac.at/geologie/pdf/phd_ronny_boch.pdf zu finden.

Margot Böse, Berlin