Albrecht Penck (1858-1945) und die Grundlagen der wissenschaftlichen Erforschung des Quartärs

Am 25.9.2008 jährt sich zum 150-sten Male der Geburtstag von Friedrich Karl Albrecht Penck. Penck war am Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts neben F. v. Richthofen und W. M. Davis der herausragende Geograph seiner Zeit. Für die DEUQUA, und darüber hinaus für die gesamte Quartärforschung, kann er als derjenige gelten, der diesen Wissenschaftszweig auf eine solide Grundlage gestellt und mit seinen Modell einer Abfolge verschiedener „glazialer Serien“ ein bis heute gültiges Schema zur morphostratigraphischen Gliederung eiszeitlicher Sedimente geschaffen hat.

Penck wurde in Reudnitz bei Leipzig geboren. Nachdem er die Realschule (nicht das Gymnasium!) absolviert hatte, studierte Penck ab 1875 in Leipzig die Fächer Chemie, Botanik, Mineralogie und Geologie. Es darf vermutet werden, dass der Besuch einer Realschule und das dort erfolgte Lernen der modernen Fremdsprachen, seine späteren vielfältigen Reisen ins Ausland besonders gefördert hat. Schon 1878 wurde er mit einer geologisch-mineralogischen Arbeit an der Universität Leipzig promoviert. Der Titel der Arbeit lautete: „Studien über lockere vulkanische Auswürflinge“. Bereits zu Studienzeiten war er bei der geologischen Landesaufnahme in Sachsen als Hilfsgeologe angestellt worden und hatte Blätter der Geologischen Spezialkarte von Sachsen zu bearbeiten. Im Rahmen dieser Tätigkeit kam es zu einer intensiven Beschäftigung mit dem Quartär.
1875 war durch den schwedischen Gelehrten Otto Torell an den Rüdersdorfer Steinbrüchen östlich von Berlin der Beweis geführt worden, dass die Geschiebe des norddeutschen Tieflandes nicht durch die Sintflut oder durch Rollsteinfluten abgelagert wurden, sondern dass Gletscher aus Skandinavien die Erratika, die ortsfremden Gesteine, antransportiert und sedimentiert hatten.
Nach abgeschlossener Promotion bereiste Penck große Teile Norddeutschlands und den Süden Skandinaviens. Die Erträge dieser Reise führten zusammen mit denjenigen aus seiner Tätigkeit als Hilfsgeologe zu seinem ersten „großen“ Werk in der Quartärforschung; die Arbeit lautete: „Die Geschiebeformation Norddeutschlands“ (1879). In ihr konnte Penck als erster Forscher eine dreimalige Vergletscherung des angegebenen Raumes nachweisen.
Ab 1880 war Penck dann in München zu finden, um bei von Zittel seine Kenntnisse in Paläontologie zu erweitern. In München wurde er durch von Gümbel (Leiter der Bayer. Geol. Landesuntersuchung) mit der Kartierung des „Diluviums“ im bayerischen Oberland betraut. Im Rahmen dieser Arbeiten musste der junge Penck nicht mehr einzelne Blätter kartieren, sondern die pleistozänen Ablagerungen im Zusammenhang bearbeiten. Als dann auch noch die naturwissenschaftliche Sektion der Phil. Fak. die Preisaufgabe „Eine eingehende Beschreibung der diluvialen Glacialbildungen und -erscheinungen auf der südbayerischen Hochebene sowie in den bayerischen Alpen“ stellte, ein Thema, das auf Penck zugeschnitten war, war sein Weg zum herausragenden Quartärforscher vorgegeben.
Das Ergebnis dieser Arbeiten wurde in seiner Habilitationsschrift „Die Vergletscherung der deutschen Alpen - Ihre Ursachen, periodische Wiederkehr und ihr Einfluss auf die Bodengestaltung“ der wissenschaftlichen Öffentlichkeit präsentiert. Er konnte, wie zuvor in Norddeutschland, auch in Bayern eine dreimalige Vorlandvergletscherung belegen. Seine Habilitation erfolgte an der Ludwig-Maximilians-Universität im Fach Geographie.
Obwohl Penck nur wenige Jahre (1880-1885) in München tätig war, blieb das schwäbisch-bayerische Alpenvorland „seine“ Region, in welcher er die Grundlagen für seine später weltweit anerkannte Gliederung des Eiszeitalters erarbeitete und immer wieder überprüfte. 1885 erfolgte der ehrenvolle Ruf auf die Lehrkanzel für Physikalische Geographie an der k. k. Universität Wien.
Wenngleich während der Wiener Jahre (1885-1906) auch andere Themen bearbeitet wurden, so blieb die Quartärforschung doch immer zentraler Teil der Penck´schen Geländearbeiten. Zusammen mit seinem ehemaligen Doktoranden E. BRÜCKNER verfasste er in den Jahren 1901-1909 die dreibändige fast 1200 Seiten umfassende Monographie „Die Alpen im Eiszeitalter“. In diesem bis heute unerreichten Standardwerk stammen die wichtigen, grundlegenden Kapitel des ersten Bandes sämtlich von Penck alleine. Er konnte mit dem zuvor schon genannten Modell der „Glazialen Serie“ die damals doch sehr stark beschreibende Quartärforschung auf eine methodisch fundierte Basis stellen und die Begriff für die vier Vergletscherungen, die von jung zu alt nach Flüssen des Alpenvorlandes mit Würm, Riss, Mindel und Günz benannt wurden, in die nationale und internationale Forschung etablieren.
Zuvor hatte er 1898 in der Gegend von Memmingen seine bisher genutzte Dreigliederung des Eiszeitalters zu einer Viergliederung erweitern müssen, weshalb das Penck´sche Gliederungsschema bis heute als tetraglazial bezeichnet wird. Diese wichtige Erkenntnis des Frühjahrs 1898 präsentiert er erstmalig am 14.12.1898 vor dem „Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse“ in Wien, die dann im darauffolgenden Jahr beim gleichen Verein veröffentlicht wurden. Penck ging es um die Breitenwirkung seiner Ergebnisse und Erkenntnisse. Ihm war die Tragweite seiner jüngst gemachten Beobachtungen bewusst, er war sich sicher, ein äußerst tragfähiges Konzept entdeckt und erarbeitet zu haben.
Zu Beginn des Drucks der drei Bände der „Alpen im Eiszeitalter“ (1901), die in verschiedenen Lieferungen erschienen, waren die Geländearbeiten noch nicht abgeschlossen, denn es galt die kurz zuvor in der Region um Memmingen gewonnenen grundlegenden Ergebnisse zirkumalpin anzuwenden. Geländearbeiten, Abfassen der Manuskripte für die nächsten Lieferungen und dazwischen noch der Weggang von Wien nach Berlin lassen Penck als unermüdlichen Arbeiter erscheinen.
Im Jahre 1906 folgte Penck einem Ruf nach Berlin auf die Nachfolge von F. von Richthofen. Er war neben seiner Tätigkeit als Direktor des Geographischen Instituts auch Direktor des Instituts und Museums für Meereskunde. Für die damalige Zeit (1908/1909) ungewöhnlich war ein „Lehrstuhltausch“ mit W. M. Davis, wobei der eine jeweils die Aufgaben des anderen an dessen Heimatuniversität wahrnahm.
Mit dem Wechsel in den Norden traten dann die Forschungen zu den Vorländern der Alpen und zum Quartär zurück. Eigentlich war ja alles geklärt.
Neben den Fragestellungen zum Quartär, die sicherlich Penck´s Renommee begründet haben, zeigte sich seine Universalität aber auch durch Arbeiten wie durch die „Morphologie der Erdoberfläche“ (2 Bände, 1894), „Das Hauptproblem der physischen Anthropogeographie“ (1924) und im „Versuch einer Klimaklassifikation auf physiogeographischer Grundlage“ (1910), in welcher er die uns allen geläufigen Begriffe humide, aride und nivale Klimabereiche in die wissenschaftliche Literatur einführte. Auch die Fachtermini Tafone/Tafoni oder Tillit sind auf ihn zurückzuführen.
Nachdem Penck in den Jahren 1917/1918 das Amt des Rektors der Berliner Universität inne hatte, blieben ihm nur noch wenige Jahre bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1926.
Penck starb in den Wirren des zu Ende gehenden II. Weltkrieges am 7.3.1945 in Prag. Sein Grab befindet sich in Stuttgart.
Von Penck´s vielfältigen wissenschaftlichen Ergebnissen stehen diejenigen zur systematischen Erforschung des Eiszeitalters immer noch im Zentrum der deutschen Quartärforschung, sei es weil die Begriffe Würm, Riss, Mindel und Günz immer noch benutzt werden, sei es vor allem weil das Modell der „glazialen Serie“ (trotz geringfügiger Modifikationen) immer noch die beste Möglichkeit bietet, punktuell ermittelte Aufschluss- oder Bohrergebnisse in die Fläche zu bringen. Zu Recht vergibt die DEUQUA an verdiente Quartärforscher die „PENCK-Medaille“, um an denjenigen zu erinnern, der die Erforschung des Eiszeitalters – wie kein anderer – zu einer echten Wissenschaft geformt hat.
Literatur:
HABBE, K.A. (2001): Penck, Friedrich Karl Albrecht.– In: Neue Deutsche Biographie, Zwanzigster Band (Pagenstecher – Püterich), 172-173; Berlin.
PENCK. A. (1899): Die vierte Eiszeit im Bereiche der Alpen.– In: Vorträge des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, Wien, Band 39; 68-86; Wien.
SCHAEFER, I. (1989): Der Weg Albrecht Pencks nach München, zur Geographie und zur alpinen Eiszeitforschung.– In: Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in München, Band 74, 5-25; München.
Konrad Rögner, München